[498] Brunst (v. althochd. brëman, brummen, brüllen, »schreien«; außer in der Jägerei meist [weniger gut, abgeleitet von »brennen«] Brunst), die geschlechtliche Erregung, in erster Linie des weiblichen Tieres. Bei diesem entsteht B. nur dadurch, daß sich befruchtungsfähige Eier vom Eierstock ablösen und nach der Gebärmutter wandern, was in bestimmten Zeitabständen (Brunstzeiten) geschieht. Nur in dieser Zeit begehrt und duldet das weibliche Tier die Begattung, deren Erfolg durch das Vorhandensein der Eier bestmöglichst gesichert ist. Mit der B. verändert sich nicht nur das Wesen der Tiere, es treten auch Ausfluß aus der Scheide und eine eigentümliche Hautausdünstung (Brunstgeruch) auf. Letztere ist beim Wilde z. T. sogar dem Menschen wahrnehmbar und ist das unentbehrliche Mittel, um im Dickicht die Geschlechter zusammenzuführen; nur durch sie wird der Geschlechtstrieb der Männchen erregt, der somit von der weiblichen B. abhängig ist. Wesen und Bedeutung der Brunstzeiten lassen sich nur beim Wilde klar erkennen, während sie bei den Haustieren verändert und verwischt sind. Beim größern Wild tritt die B. nur einmal im Jahr, und zwar in bestimmter Jahreszeit, auf; sie findet statt: bei Rehen Juli bis August; Rothirschen September bis Oktober; Damhirschen Oktober bis November; Wildschweinen November bis Dezember; Wölfen und Füchsen Januar bis Februar. Die Brunstzeiten liegen bei allen Tierarten so, daß die darauf folgenden Geburten in die günstige Jahreszeit fallen, die durch mildes Wetter und Nahrungsreichtum die besten Bedingungen für das Gedeihen der Jungen gewährt. Die Brunstzeit erklärt sich damit als ein durch die Zuchtwahl der Natur geschaffenes und gehütetes Gesetz. Wäre bei einer Tierart die B. noch nicht reguliert, so würden auch die Geburten zu den verschiedensten Zeiten stattfinden. Die zu ungünstiger Zeit geborne Nachzucht wird aber kümmerlich werden und allmählich aussterben. Es bleiben schließlich nur die in günstiger Zeit gebornen Tiere übrig, und da sie in bestimmter Zeit geschlechtsreif werden, so treten die zu gleicher Zeit gebornen Tiere auch gleichzeitig in ihre erste B. Die natürliche Festlegung der Geburtszeit ist also das Primäre und Wichtige. Die Erhaltung der typisch gewordenen Brunstzeit ist eine Lebensfrage für die Nachzucht; kranke oder gelte (s.d.) oder sonst abnorme Tiere, die außer der Zeit brunsten, werden, weil sie Verwirrung stiften können, abgeschossen. Bei den Haustieren fällt durch die Aufstallung und Fütterung der Einfluß von Witterungsunbilden und Nahrungssorgen auf Muttertiere und Junge fort. Die reichlichere und regelmäßige Ernährung bewirkt das Ausreisen befruchtungsfähiger Eier in kürzern, etwa vierwöchentlichen Perioden und dementsprechend monatliche B., außer bei der Hündin, die nur zweimal im Jahre brünstig wird. Während der Trächtigkeit bleibt aber die B. normal aus, und so kann es bei den großen Haustieren, die 912 Monate tragen, wenn sie zur Zucht benutzt werden, scheinen, als ob auch sie nur einmal im Jahre brünstig würden. In der Jägersprache tritt der Hirsch (Brunsthirsch) in die B., er brunstet. Nach der B. ist das Wild abgebrunstet. Beim Schwarzwild heißt das Brunsten auch Rauschen und die Brunstzeit Rauschzeit. Brunstbrand (Brunstfleck), die schwarze Färbung der Haare am Bauch, besonders um die Brunstrute (das männliche Glied) des Hirsches zur Zeit der B.; Brunsthals, der zur Zeit der B. mit langen Haaren besetzte Hals des Hirsches.
Herder-1854: Brunst [2] · Brunst [1]
Meyers-1905: Brunst [2]