[131] Chronometer (griech., »Zeitmesser«), nächst den mit Kompensationspendel versehenen Uhren die besten Zeitmesser, unterscheiden sich von gewöhnlichen Taschenuhren hauptsächlich durch die Konstruktion der »Unruhe« und der Hemmung. Bei den gewöhnlichen Taschenuhren besteht die Unruhe aus einem Rad mit Spiralfedern, deren Metall sich bei Temperaturerhöhung ausdehnt, so daß sein Trägheitsmoment größer, die Schwingungsdauer verlängert und der Gang der Uhr verlangsamt wird.
Gleichzeitig verliert die Spirale an Elastizität und wird länger; das Umgekehrte bewirkt Temperaturerniedrigung: die Uhr geht vor. Bei dem C. besteht der Umfang der Unruhe (s. Figur) aus zwei aneinander gelöteten Streifen von verschiedenem Metall, gewöhnlich aus Stahl an der Innenseite, Messing an der Außenseite. Dieser Reisen ist in zwei Halbkreise durchschnitten, die mit je einem Ende durch eine die Speiche des Rades bildende Stahllamelle verbunden sind. Jeder Halbreifen trägt nahe seinem freien Ende ein kleines Gewicht. Wenn sich bei Erwärmung das Metall ausdehnt, biegt sich das Ende beider Halbreifen nach inuen, weil das Messing sich stärker ausdehnt als der Stahl; dabei werden die Gewichte dem Zentrum genähert, und die durch die Ausdehnung der Metalle hervorgebrachte Vergrößerung des Trägheitsmoments wird kompensiert. Für den Seemann ist das C. die Grundlage für die geographische Längenbestimmung, denn dadurch, daß es die Zeit eines bestimmten Meridians, gewöhnlich des von Greenwich, angibt, erhält der Schiffer aus dem Vergleich dieser Zeit mit der auf See durch astronomische Beobachtungen bestimmten Ortszeit des Schiffsortes dessen geographische Länge. Die deutschen Kriegsschiffe werden mit drei, auch vier Chronometern ausgerüstet, wodurch einesteils eine gegenseitige Kontrolle der Instrumente ausgeübt und etwaige Störungen bei dem einen oder andern bemerkt werden können, anderseits eine größere Sicherheit und Zuverlässigkeit in den Chronometerangaben gewährleistet ist. Andre Schiffe führen nur ein oder zwei C. Die C. werden in einem besondern Chronometerkasten in zwei konzentrischen Ringen, die sie den Schiffsbewegungen möglichst entziehen, aufgehängt (kardanische Aufhängung) und an einer Stelle aufgestellt, wo die Schiffsbewegungen und sonstige Erschütterungen möglichst wenig fühlbar, die Temperaturschwankungen und der Feuchtigkeitsgehalt gering sind. In der deutschen Marme sind besonders konstruierte luftdichte Chronometergehäuse eingeführt. Den Unterschied zwischen der Angabe des Chronometers und der Zeit des Meridians von Greenwich nennt man den Stand des Chronometers; man rechnet ihn positiv, wenn die Angabe des Chronometers kleiner ist als die Greenwicher Zeit. Die tägliche Veränderung des Standes heißt der Gang, und für die Güte eines Chronometers ist nicht die Kleinheit, sondern die Gleichmäßigkeit des Ganges maßgebend. Die Veränderungen an Stand und Gang und die Vergleichungen werden in das Chronometerjournal eingetragen. Der Stand des Chronometers wird bestimmt durch Beobachtung des Zeitballes oder durch Zeitbestimmungen durch korrespondierende Sonnenhöhen am Land oder durch Monddistanzen auf See mittels Sextanten. Während alle den Gang des Chronometers störenden Einflüsse unregelmäßiger Natur sind und sich in ihren Ursachen und Wirkungen mehr oder weniger einer Beurteilung entziehen, läßt sich für die Temperatureinflüsse eine bestimmte Gesetzmäßigkeit zwischen Temperatur und Chronometergang derart feststellen, daß sie sich zur Berechnung des Ganges verwerten läßt. Für jedes C. bestimmt man Temperaturkoeffizienten, durch die sich die Änderung des Ganges bei einer Änderung der Temperatur ausdrücken läßt. Für die deutsche Marine werden von sämtlichen Chronometern die Koeffizienten auf den C.-Observatorien zu Kiel und Wilhelmshaven festgestellt und den Schiffen bei Übergabe der Instrumente mitgegeben, um bei den täglichen Berechnungen Verwendung zu finden. Für die C. der deutschen Kauffahrteischiffe führt die Seewarte zu Hamburg die nötigen Untersuchungen aus. Sie veranstaltet auch jährlich Konkurrenzprüfungen von Marinechronometern, zu denen jeder im Gebiete des Deutschen Reiches ansässige Uhrmacher eine bestimmte Anzahl in seiner Werkstatt hergestellter C. einsenden darf. Für die besten C. sind Prämien ausgesetzt. Ein gutes C. darf täglich nur um wenige Hundertstel einer Sekunde abweichen und gestattet die genaue Bestimmung der Länge auf einige Bogenminuten. Auf Newtons Anregung konstruierte Harrison die ersten C., die allerdings von der Temperatur noch nicht unabhängig waren. Leroy in Paris (1717 bis 1785) gelang eine bessere Kompensation für die Temperatur, und 1772 fertigten Arnold und Kendal C., welche die Länge auf 0,2° genau angaben. Die deutsche Chronometerfabrikation ist der englischen nahezu ebenbürtig. Vgl. das amtliche »Handbuch der Navigation«, Bd. 2 (4. Aufl., Berl. 1901); Caspari, Untersuchungen über C. (deutsch, Bautzen 1893); Stechert, Das Marine-C. (Hamb. 1894); Bolte, Die Methoden der Chronometerkontrolle an Bord (das. 1894).