Dumouriez

[268] Dumouriez (spr. dümuriē), Charles François, franz. General, geb. 25. Jan. 1739 in Cambrai, gest. 14. März 1823 in der Nähe von London, trat 1757 in das Heer, das Marschall d'Estrées in Deutschland befehligte. 1768 ward er Generaladjutant auf der neuerworbenen Insel Korsika. Zu den polnischen Konföderierten von Bar entsandt, um ihnen Geld und Offiziere zu überbringen, organisierte er selbst ein Korps, ward aber von den Russen geschlagen und wegen Überschreitung seiner Vollmacht abberufen. 1772 von Ludwig XV. ohne Zustimmung des Ministers Aiguillon mit einer geheimen Mission nach Schweden betraut, ward er auf Befehl des letztern in [268] Hamburg verhaftet und in die Bastille gebracht, erst unter Ludwig XVI. 1775 freigelassen und 1778 zum Kommandanten in Cherbourg ernannt. Beim Ausbruch der Revolution war er Maréchal de Camp, schloß sich den Girondisten näher an, durch deren Einfluß er 1791 zum Generalleutnant und im März 1792 zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten befördert wurde. Im Sinne dieser Partei bestimmte er Ludwig XVI. zur Kriegserklärung gegen Österreich. Bald überwarf er sich mit der Gironde, bewog den König, das girondistische Ministerium zu entlassen, und übernahm zu dem Departement des Äußern auch das des Krieges (Juli 1792). Als aber Ludwig XVI. reaktionäre Neigungen zeigte, nahm D. seine Entlassung und verbündete sich mit den Jakobinern. Er übernahm nach Lafayettes Flucht das Kommando über die Armee im Felde, besetzte die Pässe des Argonnenwaldes, zwang die Preußen durch die Kanonade von Valmy (20. Sept.) zum Rückzug und wandte sich dann gegen Belgien, das er nach dem Siege bei Jemappes (6. Nov.) über die Österreicher in wenigen Wochen eroberte. Allein die Willkür und Unfähigkeit der Jakobiner in Paris, welche die Niederlage seines Heeres bei Neerwinden, 18. März 1793, herbeiführte, veranlaßte ihn, durch Mack mit dem österreichischen Heerführer Herzog von Koburg in Verbindung zu treten, um mit Gewalt die konstitutionelle Monarchie in Paris herzustellen. Als der Kriegsminister Beurnonville und vier Kommissare des Konvents in seinem Lager bei Condé erschienen, um ihn zur Rechenschaft nach Paris zu laden, ließ D. sie verhaften und den Österreichern ausliefern, sah sich aber, da seine Truppen von ihm abfielen, selbst genötigt, mit nur 1800 Mann 4. April 1793 zu den Österreichern zu flüchten. Der Konvent setzte einen Preis von 300,000 Livres auf seinen Kopf. Er hielt sich nun an verschiedenen Orten, im Kölnischen, in England, in der Schweiz, auf, bis er endlich auf dänischem Gebiet und später in England eine Zufluchtsstätte fand. Hier schrieb er »Mémoires« (2 Bde.; neuer Abdruck in Barrières »Bibliothèque des mémoires«, 1848; deutsch von Ch. Girtanner, Berl. 1794, 2 Bde.) und politische Flugschriften im Geist fast aller Parteien. Vgl. v. Boguslawski, Das Leben des Generals D. (Berl. 1878 bis 1879, 2 Bde.); Monchanin, D. (Par. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 268-269.
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