Gut [2]

[540] Gut bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch als Eigenschaftswort das Zweckentsprechende, Nützliche, Zuträgliche, Lusterweckende (gute Waren, gute Bücher, gute Küche etc.). Da dabei die Anwendung eines Wertmaßstabes Voraussetzung ist, so sind g. und sein Gegensatz schlecht wesentlich relative Prädikate; kein Ding ist an und für sich g. oder schlecht, sondern nur in der menschlichen Beurteilung, und was in gewisser Hinsicht oder für den einen g. ist, kann in andrer Hinsicht oder für einen andern schlecht sein. Im moralischen Sinn ist g. die Bezeichnung des sittlich Vollkommenen, d. h. mit unsern sittlichen Anschauungen Übereinstimmenden; eine gute Handlung ist also eine sittlich lobenswerte Handlung, ein guter Mensch ein solcher, dessen ganzes Verhalten sittlichen Beifall verdient (im engern Sinn aber auch oft soviel wie ein gütiger, ein wohlwollender Mensch). Sonach ist also auch der Begriff des Sittlich-Guten wenigstens in formeller Hinsicht ein relativer, weil er einen sittlichen Wertmaßstab voraussetzt, ob er dies aber auch in materieller Hinsicht ist, d. h. ob es einen allgemeingültigen sittlichen Wertmaßstab gibt oder nicht, dies ist eine nicht leicht zu beantwortende Fundamentalfrage der Ethik. Der Intuitionismus nimmt an, daß es angeborne feste Begriffe vom Guten und Bösen gebe, während der Empirismus die Bestimmung dessen, was (sittlich-) g. oder böse sei, aus der Erfahrung über die Wirkungen der menschlichen Handlungen ableitet und der Antimoralismus (Nietzsche, s. d.) die Unterscheidung beider Begriffe für gegenstandslos, bez. konventionell erklärt. – Die Frage nach dem höchsten Gut (finis bonorum) ist identisch mit der Frage nach dem letzten Ziel alles menschlichen Strebens, das vom Eudämonismus (s. d.) in die Glückseligkeit, vom ethischen Rigorismus (s. d.) in die Pflichterfüllung gesetzt wird.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 540.
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