Gut [4]

[540] Gut (das G.), ein Besitztum, Grundbesitz, Landgut (geschlossene Güter als unteilbarer Grundbesitz), s. Landwirtschaftliche Betriebserfordernisse. Auch ein Vermögen überhaupt, wobei man unbewegliches und bewegliches G. unterscheidet (Hab und G.). Im Handel nennt man Güter im allgemeinen die Gegenstände, die ein Fuhrmann, Schiffer etc. ladet, besonders aber die zur Versendung verpackten Waren oder Frachtstücke, soz. B. Meßgut, das zum Verkauf auf die Messe gesendet wird. Man unterscheidet: schweres und leichtes G., je nachdem die Waren im Verhältnis zu ihrem Gewicht wenig oder viel Raum einnehmen, trocken G. (zuweilen in Frachtbriefen), wenn in einem Kollo, das keine Flüssigkeit enthält, mehrere verschiedenartige Waren zusammen verpackt sind, die man nicht spezifizieren will; bei Schiffsladungen werden Stückgüter (in Tonnen, Kisten oder Paketen befindliche Waren) und Sturzgüter (wie Getreide, Salz etc., die ohne besondere Verschläge in das Schiff geschüttet werden) unterschieden, bei Eisenbahnsendungen mit Rücksicht auf die Lieferzeit Fracht- und Eilgüter; ferner spricht man von Stückgütern, d. h. solchen, die nicht in ganzen Wagenladungen aufgegeben werden, sperrigen Gütern, d. h. solchen, die einen verhältnismäßig großen Raum einnehmen.

Allgemein nennt der Mensch jedes Ding ein G., das für ihn Wert hat. Hierbei sind die Motive der Wertschätzung gleichgültig. Die Zusammensetzung »wertloses G.« enthält demnach einen Widerspruch, sie will nur besagen, daß ein G. sehr geringen Wert habe, während durch »wertvolles G.« angedeutet werden soll, daß ein G. einen hohen Wert hat. Assektionsgüter sind solche, die für einen Menschen aus besondern Gründen einen außerordentlich hohen Wert haben. Güter können materieller wie immaterieller Natur sein, welche beide Arten oft einander ersetzen können und gegeneinander abgewogen werden, wenn die eine durch die andre erkauft wird. Güter sind demnach Sachen, die als Produktions- oder Genußmittel[540] mittelbar und unmittelbar zur Bedürfnisbefriedigung dienen; Verhältnisse zu Personen und Sachen, die teils dem freien Verkehr entwachsen (Kundschaft), teils rechtlichen Beschränkungen und Bevorzugungen entspringen (Privilegien, Realrechte etc.); endlich auch persönliche Dienste und allenfalls auch Menschen, die je nach Rechtsordnung und Sitte tot und lebend Arbeitsinstrumenten und Handelsartikeln gleichgestellt sein können. Mitunter spricht man auch von innern und äußern Gütern. Erstere wären die Eigenschaften, Fähigkeiten, Kenntnisse etc., die der Mensch besitzt, also Bestandteile des Menschen selbst. Wichtiger für die Praxis ist der Unterschied zwischen freien und wirtschaftlichen Gütern, der davon abhängig ist, ob von dem Begehrenden für die Erlangung Opfer zu bringen sind oder nicht. Frei sind viele Güter von Natur und zwar jedermann frei zugänglich als allgemein freie, nicht aneignungsfähige und unübertragbare (Meer, Luft), oder als freie Besitzgüter, die zwar in Besitz genommen werden können, aber wegen ihres verhältnismäßig häufigen Vorkommens nicht Gegenstand des Tausches sind. Infolge der Rechtsordnung können auch Güter für einzelne Personen, Familien, Klassen, Völker frei sein, sei es, daß sie als naturfreie Güter ausschließlich besessen, sei es, daß sie zwar mit Opfern erzeugt, jedoch ohne oder gegen ungenügende Vergeltung von andern erlangt werden. Wirtschaftliche Güter sind diejenigen, die nur mit Aufwendungen zu erlangen sind, indem die Natur sie nicht in fertigem, brauchbarem Zustand liefert, oder indem sie nur von andern durch eine Gegengabe erworben werden können. Die wirtschaftlichen Güter sind nicht identisch mit den Verkehrsgütern (den römischen res in commercio). Außerhalb des Verkehrs befinden sich sowohl freie als auch wirtschaftliche Güter (nach römischem Rechte die res extra commercium, heute viele dem Staate gehörige Güter, die der allgemeinen Benutzung zugänglich sind, wie z. B. die Landstraßen). Wirtschaftlich wie juristisch sind gewisse Eigenschaften und Zustände von Bedeutung, die nicht bei allen Gütern oder nicht in gleichem Maß auftreten. Manche Güter verlieren durch Teilung ihren Wert (z. B. Form als Faktor der Wertschätzung, Gipsfigur), bei andern wird er vermindert (z. B. Größe als Faktor der Wertschätzung, Diamant); wieder andre gestatten eine beliebige Teilung und Zusammenlegung ohne Wertänderung (Metalle). Nicht alle Güter sind gleich verbrauchtich, was von Wichtigkeit für die Kostenrechnung und den Kredit ist. Für letztern wie auch für das Assekuranzwesen ist die Frage der Beweglichkeit (Mobilien, Immobilien) von Einfluß; für örtliche und zeitliche Ausgleichung der Preise, von Überfluß und Mangel, Wahl des Standorts die der Transportierbarkeit. Manche Güter können einander ersetzen, indem sie zu gleichen Zwecken dienen (Surrogate), wodurch die Bedürfnisbefriedigung erleichtert und mehr gesichert, auch größere Regelmäßigkeit und Stetigkeit in der Wirtschaft erzielt wird. Viele Güter sind nur eine Zeitlang (Kalender), andre dauernd brauchbar; die einen lassen sich nur zu einem, die andern zu verschiedenen Zwecken benutzen, was die volle Verwertung bereits erzeugter Güter sichert; manche lassen nur die Verwendung durch Eine Person zu (einnützige als echte Gegenstände des Individualeigentums), andre gestatten die Benutzung durch viele, oder sie verlangen geradezu eine solche, wenn eine volle Auswertung stattfinden und der Nutzen mit den Kosten im Einklang stehen soll (vielnützige, wie große Bibliotheken, Museen, Straßen als geeignetere Gegenstände der Gemeinwirtschaft). Gewisse Güter können für sich allein verbraucht und gebraucht werden, bei andern ist die Verwertung nur in Verbindung mit dritten möglich (komplementäre Güter). Die allgemeine Verbreitung oder örtliche Seltenheit ist entscheidend für Kommunikationswesen, Preisbildung, industriellen Standort, internationale Arbeitsteilung; die Möglichkeit stetiger Wiedererzeugung für Regelmäßigkeit und Ordnung im Haushalt und im gesamten Leben. Nicht alle Güter lassen sich aufbewahren, ohne dem Verderb und der Wertänderung ausgesetzt zu sein; die einen gestatten die Ansammlung in Form von Rohstoffen, die andern erfordern die Umwandlung in zum Genuß fertige Produkte, wieder andre machen die Anwendung besonderer Maßregeln und Anstalten zur Konservierung nötig. Im allgemeinen ist die volkswirtschaftliche Lage um so besser, je mehr unter sonst gleichen Umständen vorhandene Güter ohne Wertänderung teilbar sind, je weniger sie sich durch ihre Anwendung abnutzen, je leichter sie zu transportieren sind, je mehr sie einander ersetzen können, je mannigfaltiger ihre Brauchbarkeit ist, je dauerhafter sie sind, und je leichter sie sich zu jeder Zeit im erforderlichen Umfang herstellen lassen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 540-541.
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