Kanōnisches Recht

[567] Kanōnisches Recht (Jus canonicum, benannt nach den Rechtssatzungen [canones] der Kirche), das in Deutschland rezipierte Recht, welches sich innerhalb der christlichen Kirche ausbildete. Dasselbe entstand unter kirchlicher Autorität, namentlich durch die Beschlüsse der Konzile und durch die Dekretalen der Päpste. Das kanonische Recht enthält nicht bloß Satzungen über rein kirchliche Angelegenheiten, es umfaßt vielmehr auch eine bedeutende Summe strafrechtlicher, zivilrechtlicher und prozessualischer Vorschriften, was sich aus der Machtstellung der Kirche im Mittelalter erklärt. Außerdem enthält es auch Rechtsvorschriften über Gebiete, die heute ausschließlich der bürgerlichen Ordnung unterliegen. Bei uns in Deutschland ist das kanonische Recht rezipiert, wie es sich in dem Kodex des Jus canonicum, dem Corpus juris canonici (s. Corpus juris), vorfindet. Nicht gleichbedeutend mit kanonischem Recht ist übrigens der Ausdruck Kirchenrecht, d. h. der Inbegriff der auf die Kirche bezüglichen Rechtsnormen. Von besonderer Bedeutung für die katholische Kirche ist heute noch das kanonische Strafrecht. Vgl. Schulte, Geschichte der Quellen und Literatur des kanonischen Rechts (Stuttg. 1875–80, 3 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 567.
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