[546] Ligurĭen, das Land der Ligurer, eines politisch nie geeinigten Volkes in Oberitalien, über dessen ethnographische Zugehörigkeit bis jetzt nichts Sicheres ermittelt worden ist; fest steht nur, daß sie zu den Indogermanen gehörten und weder Kelten noch Iberer waren, obschon sie letztern im Äußern glichen. Daß die Ligurer oder (griech.) Ligyer in den ältesten Zeiten ein mächtiges Volk waren, sehen wir daraus, daß Herodot sie in der Gegend von Massilia kennt, und daß man dem Meer südlich von Gallien den Namen[546] des Ligurischen beilegte, der später nur dem Meerbusen von Genua verblieb. Das in der ältesten Zeit von den Ligyern bewohnte Küstenland am Mittelmeer umfaßte im W. die Rhonemündungen, im O. die nördlichen Küsten Tyrrheniens; spätere Schriftsteller beschränken die Ausdehnung des Volkes beiderseits bedeutend. Augustus stellte den Umfang Liguriens so fest, daß im W. der Varus (Var) und die Alpen bis zum Vesulus (Monte Viso), im N. der Padus (Po) bis in die Gegend der Ticinusmündung und im O. der Macra (Magra) die Grenzen bildeten. Erst nach langwierigen Kämpfen, die fast das ganze zweite vorchristliche Jahrhundert hindurch dauerten, unterwarfen sich die Römer das Volk. Die Ligurer waren ebenso gute Jäger wie tüchtige Krieger und besonders gute Schleuderer. Auch als Seefahrer gewandt und geübt, trieben sie auf kleinen Fahrzeugen bis zu den Säulen des Herkules Schiffahrt und Seeräuberei. Ihre Hauptbeschäftigung aber war Viehzucht. Sie brachten Schlachtvieh, Häute, Pferde und Maultiere, Wachs, Honig, Leibröcke und Kriegsmäntel zur Ausfuhr, und zwar von Genua aus, ihrem Hauptmarkt, wo sie auch ihre Bedürfnisse, namentlich Öl und Getreide, holten. Ihre wichtigsten Ortschaften waren außer Genua: Nicäa (Nizza), Savo (Savona), Hasta (Asti) und Dertona (Tortona); ihre wichtigsten Stämme innerhalb Italiens die Friniates, Apuani, Ingauni, Intimilii, Taurini etc. S. Karte bei »Italia«. Die jetzige Landschaft (Compartimento) L. des Königreichs Italien umfaßt die Provinzen Genua und Porto Maurizio mit 5278 qkm (95,9 QM.) und (1901) 1,077,473 Einw. Vgl. Issel, Liguria geologica e preistorica (Genua 1893, 3 Bde.); Hall, The Romans on the Riviera and the Rhone, a sketch of the conquest of Liguria, etc. (Lond. 1898); Mercalli, I terremoti della Liguria e del Piemonte (Neapel 1898); Karte von Donath, 1: 200,000 (Genua 1889).