Lotther

[736] Lotther, Melchior, einer der fähigsten und tätigsten Buchdrucker Leipzigs im Anfang des 16. Jahrh., stammte aus Aue im Vogtlande, trat im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrh. in die große Druckerei Kunz Kachelofens, des ersten ständigen Leipziger Buchdruckers, ein, wurde dessen Schwiegersohn, Teilhaber und Geschäftsnachfolger. 1498 erhielt er das Leipziger Bürgerrecht. Er druckte im Auftrag der Bischöfe von Meißen und des Rates zu Leipzig, druckte und verlegte aber auch Bücher aus allen Wissenschaften, die sämtlich durch Schönheit der Ausstattung hervorragen. Daneben war er Sortimenter und Besitzer eines Weinschanks. Die schriftstellerische Kraft Martin Luthers, in dessen Auftrag er schon 1517 dessen Thesen (noch vor der Disputation) und folgend mehrere andre Schriften gedruckt hatte, veranlaßte ihn, 1519 in Wittenberg ein Zweiggeschäft zu gründen, dem seine Söhne Melchior der Jüngere und später (1523) auch Michael vorstanden. Hier wurde im September 1522 der erste Druck des Neuen Testaments in Luthers Übersetzung (Septemberbibel) vollendet, und zunächst blieben die L. die einzigen autorisierten Bibeldrucker Luthers. Dann aber zogen sie sich (1524) die Ungnade des Kurfürsten zu. Der jüngere, Melchior L., verschwindet anscheinend ganz, Michael ging später nach Magdeburg, wo er bis 1554 druckte; der alte Melchior führte das Stammgeschäft bis in die 1530er Jahre fort. Dann zog er sich zurück und starb 1542. Vgl. G. Wustmann, Aus Leipzigs Vergangenheit, neue Folge (Leipz. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 736.
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