Mūhlenrecht

[218] Mūhlenrecht, diejenigen Rechtssatzungen, die sich auf die Anlage und den Betrieb von Mühlwerken beziehen. Durch Artikel 65 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch sind die landesrechtlichen Bestimmungen über das M. aufrechterhalten worden. Die Mühlengesetzgebung ist ein Ausfluß der Mühlenhoheit, d.h. der Befugnis des Staates, die Anlage, Veränderung und den Betrieb von Mühlen jeder Art zu überwachen und durch besondere Mühlenordnungen (z. B. preußische Mühlenordnung von 1810, österreichische von 1814, badische von 1822 etc.) zu regeln. Was insbes. die Wassermühlen anbelangt, so bestand früher in Deutschland vielfach das sogen. Mühlenregal, d.h. das ausschließliche Recht des Staates, die Wasserkräfte öffentlicher (und in manchen Staaten, z. B. in Sachsen, auch privater) Flüsse zum Mühlenbetrieb zu verwenden. Die Befugnis zur Anlage von Mühlwerken in solchen Flüssen (Mühlengerechtigkeit) konnte alsdann seitens der Privaten nur durch besondere staatliche Verleihung erworben werden, welch letztere in der Regel nur gegen eine ständige Abgabe (Mühlzins) an den Staat erteilt wurde, die in älterer Zeit meistens als Reallast auf das betreffende Mühlgrundstück gelegt ward. Der Umfang der Berechtigung des Müllers bestimmt sich im einzelnen Falle durch die Festsetzung der Breite und der Tiefe des Gewässers. Erstere erfolgt durch amtliche Normierung der Breite des Mühlendammes oder des sogen. Fachbaums, d.h. des obersten Balkens des wagerecht in den Fluß gelegten Wehres, hinter dem sich das Wasser anstaut. Die Höhe des Wasserstandes, bis zu der die Stauung geschehen darf, wird durch den senkrecht in den Fluß eingerammten Merkpfahl (Eichfahl, Sicherheitspfahl) fixiert. Die deutsche Gewerbeordnung verlangt zur Errichtung von Stauanlagen für Wassertriebwerke die Genehmigung seitens der zuständigen Verwaltungsbehörde und räumt den höhern Verwaltungsbehörden die Befugnis ein, über die Entfernung, die bei Errichtung von durch Wind bewegten Triebwerken von benachbarten fremden Grundstücken und von öffentlichen Wegen innezuhalten ist, durch Polizeiverordnungen Bestimmung zu treffen. Ebenso bedarf nach dem österreichischen Reichswassergesetz vom 30. Mai 1869, bez. nach den betreffenden Landesgesetzen die Errichtung eines Stauwerks der Einwilligung der polizeilichen Behörde. Der sogen. Mahlzwang (Mühlzwang), der früher vielfach vorkam und in dem mit dem Besitz einer Mühle verbundenen Rechte bestand, die Bewohner eines bestimmten Bezirks zu zwingen, ihre Früchte nur bei dem Berechtigten mahlen und schroten zu lassen, ist durch die Reichsgewerbeordnung beseitigt worden, soweit dies nicht bereits durch frühere Partikulargesetze geschehen war. Vgl. Deutsche Gewerbeordnung, § 7, 16–23,28; österreichisches Wassergesetz vom 30. Mai 1869, insbes. § 16 und 17, und die Literatur bei Art. »Wasserrecht«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 218.
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