Patrimonĭalgerichtsbarkeit

[506] Patrimonĭalgerichtsbarkeit (Erbgerichtsbarkeit, Gutsgerichtsbarkeit, Privatgerichtsbarkeit), die mit dem Besitz eines Gutes (patrimonium), zumeist eines Rittergutes, verbundene Befugnis zur Ausübung der Rechtspflege; Patrimonialgericht, die zur Handhabung dieser Jurisdiktion bestellte Behörde. Der Regel nach übte der Gutsherr (Gerichtsherr, Gerichtsherrschaft) die Jurisdiktion nicht selbst, sondern durch einen Gerichtsbeamten (Justitiarius, Gerichtshalter, Gerichtsdirektor) aus. Die P. entstand dadurch, daß die Landesherren die ihnen zustehende Gerichtsbarkeit im Mittelalter vielfach, wie an Städte, so auch an einzelne Gutsherren, Stifter, Klöster etc. verliehen, wodurch sich eine den landesherrlichen Gerichten gleichstehende unterste Instanz ausbildete. In neuerer Zeit hat sich jedoch der Grundsatz, daß die Gerichtsbarkeit nur dem Staate zukomme und nur durch die staatlichen Organe ausgeübt werden könne, allgemeine Anerkennung verschafft, und das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 hob sie für Deutschland vollständig auf.[506]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 506-507.
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