Sankt Blasĭen

[556] Sankt Blasĭen, Amtsstadt und Luftkurort im bad. Kreis Waldshut, in einem engen, großartigen Tale des südlichen Schwarzwaldes, an der Alb, 772 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, 2 Forsteien, ein Kurhaus mit Wasserheilanstalt, ein Sanatorium für Nervenkranke, ein Sanatorium für Lungenkranke, eine große Baumwollspinnerei (in den Gebäuden der ehemaligen Benediktinerabtei, 600 Arbeiter) und (1905) 1759 meist kath. Einwohner. In der Nähe der Lehenkopf (1041 m) mit Aussichtsturm und herrlichem Panorama. – S. war ehedem eine gefürstete Benediktinerabtei, die, zum österreichischen Breisgau gehörig, die reichsunmittelbaren Herrschaften Bonndorf, Stauffen, Kirchhofen, Gurtweil und Oberried umfaßte. Im 8. Jahrh. nach der Regel des heil. Benedikt eingerichtet, nannte sie sich später nach dem heil. Blasius, dessen Reliquien sie um 860 erwarb. In dem Streite zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. nahmen die Mönche für den Papst Partei, wie die Chronik Bernolds beweist, der eine Zeitlang dem Kloster angehörte. 1125 kam die Schirmvogtei über das Kloster von den Herren von Werra, die sie für das Hoch st ist Basel ausgeübt hatten, an die Herzoge von Zähringen, nach deren Aussterben (1218) als Erbe an das Haus Habsburg. Unter dem Abt Johann Spielmann wurde das Kloster 1525 von den aufrührerischen Bauern teilweise zerstört. 1613 erhielt der Abt durch Kauf der Grafschaft Bonndorf Reichsunmittelbarkeit und Sitz im schwäbischen Grafenkollegium, und 1747 wurde er[556] Reichsfürst und kaiserlicher Erberzkaplan. Die höchste Stufe seiner Blüte erreichte das Kloster unter Martin Gerbert von Hornau (1764–93), dem gelehrten Forderer historischer Wissenschaft. Als 1768 die Abtei abbrannte, wobei die kostbare Bibliothek zugrunde ging, wurde sie schöner wieder aufgebaut, namentlich nach dem Muster des Pantheons 1773–83 eine prachtvolle Kirche erbaut, die am 7. Febr. 1874 abbrannte, aber mit eisernem Dachstuhl wieder hergestellt wurde. Schon 1802 wurde der Grundbesitz der Abtei zur Entschädigung des Malteserordens bestimmt, im Preßburger Frieden aber, mit Ausnahme der Grafschaft Bonndorf, die Württemberg erhielt, Baden übergeben und darauf 25. Juni 1807 das Kloster aufgehoben. Das Vermögen des Stiftes wurde bei seiner Aufhebung, ohne die Besitzungen in der Schweiz, auf 5,200,000 Gulden u. der Ertrag auf 254,600 Gulden jährlich geschätzt. In den Gebäuden ist jetzt eine Baumwollspinnerei; die Kirche dient als Ortskirche. 1897 erhielt S. Stadtrecht. Vgl. Bader, Das ehemalige Kloster S. und seine Gelehrtenakademie (Freiburg 1874); Kürzel, Der Amtsbezirk oder die ehemalige St. Blasische Herrschaft Bonndorf (das. 1861); Buisson, S. im Schwarzwald (4. Aufl., das. 1899); Kronthal, Geschichte des Klosters S. (Bresl. 1888).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 556-557.
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