Stappen

[854] Stappen, Charles Pierre van der, belg. Bildhauer, geb. 19. Dez. 1843 in St.-Josse-ten-Noode bei Brüssel, begann 1860 seine Kunststudien in der Werkstatt des Malers Portaels, ging aber bald nach Paris und studierte hier auf eigne Hand nach den Werken der französischen Bildhauer, von denen besonders Rude, Mercié und Carpeaux einen starken Einfluß auf ihn übten. In dessen derb-naturalistischer Art war die Toilette des Fauns gehalten, mit der S. im Brüsseler Salon von 1869 seinen ersten großen Erfolg errang. Nach Brüssel zurückgekehrt, ließ er 1872 die Zauberin, eine nackte weibliche Gestalt, 1875 einen monumentalen Kandelaber für das Palais des Grafen von Flandern, mit dem er den ersten Schritt auf das Gebiet des Kunstgewerbes tat,[854] und 1876 den Mann mit dem Schwert (im Museum zu Brüssel) folgen. In dieser Zeit entstanden auch mehrere dekorative Arbeiten für das Konservatorium der Musik, für das Alhambratheater und die Post in Brüssel. Ende der 70er Jahre ging er nach Italien, von wo er als reifste Frucht mehrjähriger Studien nach Michelangelo und Donatello die Figur eines jugendlichen David heimbrachte; 1883 wurde er als Nachfolger von Simonis zum Lehrer der Bildhauerkunst an der Brüsseler Akademie ernannt. Jetzt entstanden in rascher Folge einige seiner monumentalen Hauptwerke, so die Gruppe des Kunstunterrichts für die Fassade des Palastes der schönen Künste und die Gruppe des den Satan niederwerfenden Erzengels Michael für die Ehrentreppe des Brüsseler Stadthauses. Von seinen spätern Schöpfungen sind besonders hervorzuheben: die Statue Wilhelms von Oranien auf dem kleinen Zaavelplatz in Brüssel (s. Tafel »Bildhauerkunst XX«, Fig. 1), eine am Rond-Point beim Bois de la Cambre aufgestellte Gruppe von Ringern, die Städteerbauer (eine Gruppe ausruhender Arbeiter), die Chimärenfontäne im Parc du Cinquantenaire zu Brüssel, der Weg ins Leben im Botanischen Garten daselbst und die Entwürfe zu einem Denkmal der Arbeit. Außerdem hat S. zahlreiche sehr lebendige Porträtbüsten, Genrefiguren, Reliefs mit realistischen und allegorischen Darstellungen in malerischer Behandlung und Entwürfe für Tafelaufsätze (unter anderm für das Brüsseler Stadthaus), Schmucksachen etc. geschaffen. Auch hat er sich an den Bestrebungen, die Elfenbeinplastik des griechischen Altertums in Verbindung mit Gold und Silber wieder zu beleben, mit der Büste der Sphinx (Museum in Brüssel) und einer Verherrlichung des Christentums (in hoc signo vinces) beteiligt. 1898 wurde er zum Direktor der Brüsseler Kunstakademie ernannt und auf der Berliner Kunstausstellung durch die große goldene Medaille ausgezeichnet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 854-855.
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