[207] Schwert (vgl. hierzu Tafel »Rüstungen und Waffen III«, Bd. 17, S. 334), eine zum Hieb oder Hieb und Stich bestimmte Waffe mit gerader ein- oder zweischneidiger, spitziger oder abgestumpfter Klinge. Das Vorhandensein dieser Waffe läßt sich bei allen Völkern bis in das höchste Altertum hinein verfolgen, wie zahlreiche ägyptische, assyrische, indische und persische Denkmäler beweisen. Man unterscheidet beim S. den Griff, der sich wieder in Knauf, Griffholz (Hülfe) und Parierstange (Kreuzstange) gliedert, sowie die Klinge mit der zur Befestigung des Griffes dienenden Angel. Das S. hat zwar Vorläufer aus Holz, Schwertern vom Schwertfisch u. dgl., in der Stoßkeule, aber erst das kupferne und bronzene Messer und der Dolch gaben die Möglichkeit, aus jenem das einschneidige, aus diesem das zweischneidige S. zu entwickeln. Bei den Naturvölkern und außereuropäischen Kulturvölkern sind eigentliche Schwerter auf die Alte Welt beschränkt; die metall ose Südsee mit Australien und Amerika sind von ihm frei. Einen Ersatz haben jedoch die Ozeanier vielfach gefunden in schwertartig zugeschärften, aus sehr hartem Holz gefertigten Keulen oder in Schwertfischschwertern, die Palau-, Markesas- und Gilbertinsulaner und die Bewohner der Matty-Insel in zugespitzten Stäben, die man auf zwei einander gegenüberliegenden Kanten mit Haifischzähnen bewehrte. In ähnlicher Weise bewehrten die Nordostaustralier ihre Holzschwerter mit eingeharzten Steinstücken, in Mittelamerika die Azteken die ihrigen mit Obsidiansplittern.
Was das Abendland betrifft, so begegnen wir bei Homer lediglich bronzenen Schwertern mit zweischneidiger, langer Klinge. Die von Schliemann ausgegrabenen Mykenäschwerter sind mindestens 80 cm lang, ausschließlich auf den Stich berechnet und reich ornamentiert. Auch die Schwerter des nordeuropäischen Bronzezeitalters sind mehr zum Stich als zum Hieb geeignet, mit kleinem Griff und bisweilen mit schmaler Parierstange. In der Hallstattperiode treten eiserne Schwerter auf, oft mit bronzenem Griff und wie die Bronzeschwerter ornamentiert. Das S. der Griechen (xiphos, s. Tafel »Rüstungen und Waffen III«, Fig. 1) hatte eine gerade, zweischneidige, 4045 cm lange, 56 cm breite Klinge mit 1012 cm langem Griff in einer Scheide aus Metall oder Leder, letztere häufig mit reichgezierten Beschlägen; es hing an einem Tragband über die rechte Schulter an der linken Seite. Eine abweichende Form zeigt die spartanische Machaira (s. Textfigur), die ähnlich dem griechischen Fleisch- u. Fischmesser ein breites Krummschwert mit der Schneide auf der äußern Krümmung darstellt. Die Römer hatten ein langes einschneidiges S. ohne Spitze (ensis), das sie nach der Schlacht bei Cannä mit dem kurzen zweischneidigen spanischen S. (gladius, Fig. 2) zum Hieb und Stich vertauschten. Dasselbe wurde mittels eines Wehrgehenks (balteus) meist an der rechten Seite getragen. Ein kürzeres dolchartiges S. (pugio) zum Stoß führten nur die Faustkämpfer, aber auch Offiziere und Kaiser zum Zeichen ihrer Gewalt über Leben und Tod.
In der Hand der Germanen, deren Körperkräften mehr die Hieb- als die Stichwaffe entsprach, erwuchs der einschneidige Langsax (Fig. 3) und der noch breitere Scramasax, wuchtige Haumesser von 4076 cm Länge und 46,5 cm Breite, zu der gefürchteten spatha (Fig. 4), einem 9095 cm langem zweischneidigen S., das zur Zeit Hadrians (117138 n. Chr.) auch von den Römern entlehnt wurde.
Mit der Entwickelung der Fechtkunst zur Zeit der ersten Kreuzzüge wird bei der Form des Griffes auch auf den bessern Schutz der Faust Bedacht genommen, zunächst durch Vergrößerung der Parierstangen, die seit dem 8. Jahrh. wohl die Form einer Kreuzstange an nahmen und bei einzelnen Schwertern des 13. Jahrh., wie bei dem im Dresdener Historischen Museum befindlichen riesigen S. des Ritters Conrad Schenk von Winterstetten (120943), sich bis zu 25 cm vergrößerten (Fig. 5). Bereits gegen Ende des 14. Jahrh. erscheinen ferner die Parierringe seitlich der Parierstangen, und unterhalb derselben die Faustschutzbügel (Eselshuf, pas d'âne), zu denen dann noch zu Anfang des 16. Jahrh. namentlich in Italien und Spanien die Griff- und Korbbügel kamen, so daß hiermit die Faust bis zu den Knöcheln vollständig geschützt war. Durch diese Form zeichnet sich insbes. der Degen aus, eine hauptsächlich auf den Stich berechnete Abart des Schwertes mit schmälerer Klinge (Fig. 6). Um die Führung der wuchtigen Schlachtschwerter auch durch Zuhilfenahme der zweiten Hand zu erleichtern, entsteht allgemein im 14. Jahrh. durch Verlängerung des Griffholzes das Reiterschwert »zu anderthalb Hand« (Fig. 7), sowie gegen Ende des 15. Jahrh. in den schweizerischen und deutschen Landsknechtheeren der von besonders geübten Doppelsöldnern geführte gewaltige Zweihänder oder Bidenhander, dessen bis zu 1,27 m lange Klinge oft auch geflammt ist (Flammberg), so daß diese Waffe mit dem Griff eine Gesamthöhe von 1,7 m erreicht (Fig. 8).[207] Als eine besondere Schwertart erscheint schon im 14. Jahrh., aus Italien stammend, eine dem antiken Parazonium nachgebildete kurze und breite Hauswehre, die sogen. Ochsenzunge (langue de boeuf, cinque dea, anelace), die in der Folgezeit als reichverzierte Prunkwaffe auch in Frankreich und Deutschland sehr beliebt war (Fig. 9), sowie ferner im 16. Jahrh. das für den Nahkampf berechnete kurze Landsknechtschwert mit fächerförmigem Knauf und horizontal ∿-förmig gebogenen Parierstangen (Fig. 10). Mit der Vervollkommnung der Feuerwaffen seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. verschwindet allmählich das S. in der alten charakteristischen Gestalt und macht dem leichtern Degen oder Säbel (Pallasch) Platz, um in seiner eigentlichen historischen Form bis in die Gegenwart nur noch als Werkzeug in der Hand der Scharfrichter zu dienen (Fig. 11).
Eine vielgestaltige Ausbildung hat das S. in Asien erfahren. Seine höchste Wertschätzung gewinnt es in Japan, wo, ähnlich wie bei uns in früherer Zeit, sogar soziale Rangstufen an ihm abgemessen werden (Kriegskaste der Samurai); es ist dort gleichzeitig der Gegenstand der verfeinertsten Technik geworden. Auch in China und den übrigen Teilen Ost- und Südasiens spielt das S. seit jeher eine bedeutende Rolle, namentlich im Malaiischen Archipel, der neben Kris und Blasrohr vor allem durch die geradezu hervorragende Ausbildung des Schwertes (Klewang, Mandau s. d.) ausgezeichnet ist. Das gilt dann auch für den gesamten vordern Orient, wo, abgesehen von dem Krummschwert (acinaces) der Perser, ebenso wie im Okzidente hauptsächlich das S. mit gerader Klinge üblich war. Bereits im 4. Jahrh. erscheint jedoch unter den turkmanischen Völkerschaften das Krummschwert mit einschneidiger Klinge, das dann vom 9. Jahrh. ab in dem gesamten riesigen Gebiet des Orients die allgemeine Nationalwaffe wird und bei dem streng konservativen Geist des Orientalen stets in derselben Grundform in Gestalt des Säbels bis heute geblieben ist (Fig. 12). Nur die spanischen Mauren behielten bis zu ihrer Unterwerfung (1492) das gerade gotische Ritterschwert mit orientalisiertem Griff bei. Die großen Vorzüge des Krummschwertes, das beim Hieb infolge der Krümmung der Schneide nicht nur hauend, sondern auch schneidend wirkt, wurden auch von den europäischen Nationen an den Grenzen des Orients sehr frühzeitig erkannt, so daß es schon im 14. Jahrh. in den Heeren Ungarns, Polens und des Moskowitischen Reiches allgemein zur Annahme gelangte (Fig. 13). Auch die zu gleicher Zeit auftauchenden französischen fauchons, badelaires, craquemarts und cimeterres, das deutsche Malchusschwert und der italienische coltelaccio sind lediglich Abarten des orientalischen Krummschwertes, deren Unterschiede nur in der Form des Griffes und der dekorativen Ausstattung bestehen. Als eine Abart des türkischen Krummschwertes erscheint das doppelt gebogene Sichelschwert, der Kandschar oder Handschar und dessen kleinere Nebenform, der Yatagan; sie alle haben die Schneide in der innern Biegung, während das einfache Krummschwert, der Säbel, sie auf der äußern Klingenbiegung hat. Sichelschwerter größter Abmessungen und sehr starker Biegung kommen dann auch in Afrika vor: in Abessinien und im nordöstlichen Kongogebiet. Im übrigen ist Afrika ein Erdteil des geraden Schwertes; der spatha ähnliche ziehen sich durch ganz Oberguinea, von Senegambien bis Nubien; solche mit blattförmig verbreiterten Klingen sind für den ganzen äquatorialen Osten (Massai und andre Hamiten und hamitisch beeinflußte Völker) und einzelne Teile des Westens (Fan-Völker) charakteristisch, stumpf abgeschnittene oder kleinspitzige für einige Teile Kameruns bezeichnend. Bei allen äquatorialen Formen liegt der Schwerpunkt sehr weit nach der Spitze zu; sie sind infolgedessen sehr wirksam. Den Kaffervölkern und ihren Nachahmern ist das S. fremd. Vgl. Böheim, Handbuch der Waffenkunde (Leipz. 1890); Demmin, Die Kriegswaffen in ihren geschichtlichen Entwickelungen (4. Aufl., das. 1893); Naue, Die prähistorischen Schwerter (Münch. 1885) und Die vorrömischen Schwerter (das. 1903, mit 45 Tafeln); Bastian und Voß, Die Bronzeschwerter des Kgl. Museums zu Berlin (Berl. 1878, mit 16 Tafeln); Burton, The book of tue sword (Lond. 1885); Hutton, The sword and tue centuries (New York 1901); Jähns, Entwickelungsgeschichte der alten Trutzwaffen (Berl. 1899); E. de Beaumont, La fleur des belles épées (Par. 1884); weitere Literatur bei Artikel »Waffen«, »Schwertstab«.
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