[197] Sully-Prudhomme (spr. ßüllĭ-prüdómm'), René François Armand, franz. Dichter, geb. 16. März 1839 in Paris, gest. 7. Sept. 1907 auf seinem Schloß Chatenay bei Paris, wurde nach dem frühen Tode seines Vaters von einem Oheim, dem Notar Sully, an Kindes Statt angenommen, widmete sich dem Studium der Rechtswissenschaft, lebte aber bald ganz seinen literarischen Neigungen und veröffentlichte 1865 seine ersten Gedichte: »Stances et poèmes«, die das Glück hatten, von Sainte-Beuve bemerkt zu werden, der auf das seitdem klassisch gewordene, formvollendete;[197] eine tiefe Innigkeit des Gefühls bekundende Gedicht »Le vase brisé« aufmerksam machte. Weiterhin folgten: »Les épreuves«, »Les écuries d'Augias«, »Croquis italiens«, »Les solitudes«, »Impressions de la guerre« (gesammelt 1872), »Les destins« (1872), »La France« (Sonette), »La révolte des fleurs« (1874), »Les vaines tendresses« (1875) u. a. S. ist in diesen Dichtungen den Idealen seiner Jugend treu geblieben; die Reinheit, die Tiefe des Gefühls, der Adel des Gedankens wurden nie durch Mißklänge getrübt, und die philosophierende Richtung, die in seinen spätern Gedichten: »La Justice« (1878), »Le Bonheur« (1888), den Vorrang behauptet, hat in ihrem Streben nach Aussöhnung zwischen einer schmerzvollen Wirklichkeit und einer höhern Gerechtigkeit ebenfalls etwas Wohltuendes. S. übersetzte den Lukrez (neue Ausg. 1886) und veröffentlichte zwei kunsthistorische Schriften: »L'expression dans les beaux arts« (1884) und »Réflexions sur l'art des vers« (1892), ferner: »Que sais-je? Examen de conscience. Sur l'origine de la vie terrestre« (1895), »Psychologie du libre arbitre« (1907). Seine »Œuvres complètes« erschienen 188288 in 5 Bänden. Seit 1881 war S. Mitglied der französischen Akademie. Er erhielt 1901 den Nobelpreis für Literatur und verwandelte ihn in eine Stiftung für junge Dichter. Vgl. Meißner, Sully-Prudhomme (Basel 1895); C. Hémon, La philosophie de M. S. (Par. 1907), wozu S. die sein letztes, ziemlich skeptisches Glaubensbekenntnis enthaltende Vorrede schrieb.