Agapen

[176] Agapen (v. gr.), Liebesmahle, die in den ersten christlichen Jahrhunderten gebräuchlichen, gewöhnlich mit dem Abendmahl verbundenen, religiösen Mahlzeiten der Christen, wo Arme u. Reiche zusammen aßen, um ihre Bruderliebe u. Gleichheit vor Gott anzudeuten. Die A. gingen hervor aus den heiligen Mahlzeiten der Juden, unter Vorsitz des Familienhauptes gehalten, die auch Jesus in dem letzten Nachtmahl mit seinen Jüngern nachahmte. Als die Christen sich mehrten u. die Mahlzeiten nicht mehr in den Privathäusern, sondern an religiösen Versammlungsörtern gehalten wurden, leiteten sie die Bischöfe u. Presbyter. Der Mahlzeit ging Händewaschen u. Gebet voraus, dabei wurden Abschnitte der heiligen Schrift vorgelesen, kirchliche Nachrichten u. Briefe mitgetheilt, bisweilen Hymnen gesungen. Zum Schlusse sammelte man eine Collecte für Wittwen, Waisen, Arme, betete u. schied nach Umarmung u. Kuß (Liebeskuß, Friedenskuß). Wegen der Verfolgungen wurden die A. Anfangs immer an verborgenen Orten u. des Nachts, gewöhnlich am Sonntag gehalten; später in den Kirchen, als Mißbräuche dabei sich einschlichen, außerhalb derselben. Die in der ersten christlichen Kirche gewöhnlichen Agapaenatalitiae wurden an dem Sterbetage (Dies natalis) der Märtyrer auf den Gräbern derselben gehalten; A. connubiales bei Verheirathung, u. A. funerales bei Leichenfeierlichkeiten. Gewöhnlich wurden die A. mit dem Abendmahle verbunden, als Nachahmung der letzten Mahlzeit Christi, Anfangs vor, später nach demselben gehalten, weil das Abendmahl nüchtern genossen werden sollte. Die Beschuldigungen der Heiden, daß die Christen bei den A. Kinder verzehrt (Thyestische Spiele) u. nach Auslöschung der Lichter Unzucht getrieben hätten, sind grundlos. Als indeß Mißbräuche einschlichen, wurden sie seit der Mitte des 4. Jahrhunderts auf mehreren Concilien, bes. zu Laodikea 365, Karthago 391, zu Orleans 535 u. Constantinopel 692 verboten, aber nur mit Mühe unterdrückt. In der griech. Kirche findet sich den A. Ähnliches noch jetzt bei Begräbnissen u. anderen Veranlassungen, u. die Abyssinier halten sie noch verbunden mit dem Abendmahle. Über die A. der Brüdergemeinde s. u. Abendmahl. Die Behauptung Kestners (Über die Agape, Jena 1819), sie seien ein geheimer, fest organisirter Bund gewesen, wobei die Mahlzeiten etwa die Bedeutung gehabt hätten, wie die Tafelloge bei den Freimaurern, ist widerlegt. Vgl. Mörlin, De agapis Christ., Lpz. 1750; Schlegel, De agapis aetate Apostol., ebd. 1751; Drescher, De vet. Christ. agapis, Gieß. 1824.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 176.
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