Orlean

[368] Orlean (Oeleans [spr. Orleang], Achiotti, Arnotto, Attole, Rucu, Arucu), rothgelber Farbstoff, welcher aus dem rothgelben klebrigen Fruchtfleisch der Samenkapseln von Bixa orellana, einem südamerikanischen Baume, gewonnen wird. Wenn die Samenkapseln aufspringen, werden sie abgelesen, der Inhalt wird herausgenommen u. in Wassertröge gethan, wo er wenigstens acht Tage liegt, bis das Wasser anfängt zu gähren. Alsdann wird durch Umrühren u. Stampfen der Farbstoff von den Körnern gelöst u., das Farbwasser in eisernen Kesseln unter beständigem Rühren gekocht; dann läßt man die Masse in hölzernen Schüsseln erkalten u. formt Kuchen daraus, welche an der Luft getrocknet werden. Der O. enthält ein hochgelbes Pigment (Orleangelb), welches durch Ausziehen des getrockneten O. mit Alkohol erhalten wird u. einen rothen, harzähnlichen Farbstoff, Bixeïn, dessen Chromogen das Bixin ist. Der rothe Farbstoff ist in Schwefelsäure mit schön indigblauer, in Alkalien mit rothgelber Farbe löslich; er soll aus dem Bixin durch Einwirkung der Luft u. Ammoniak entstehen. Der O. gibt keine feste Farbe; doch wird er zum Grundiren wollener Zeuche für roth, blau u. grün genommen. Auf Seide werden verschiedene gelbe Schattirungen damit gefärbt. O. löst sich besser in Weingeist, als in Wasser auf. Alkalien machen das Orleandecoct orangegelb. Vorzüglich wird er zu Lackfirnissen gebraucht. In Holstein u. Holland wird die Butter damit gelb gefärbt; in Apotheken braucht man ihn zu Pflasterfärbungen. Böhme stellte aus den Spargelbeeren den Farbstoff dar, dessen Eigenschaften mit denen des Orleanfarbstoffs übereinstimmen. Im reinen Zustande erscheint der Farbstoff als weiche, schön rothe Masse, welche sich[368] nicht in Wasser, wohl aber in kaltem u. siedendem Alkohol u. Äther löst; mit reinem Alkali versetzter Alkohol ist das beste Lösungsmittel desselben. In verdünnter Kalilauge löst er sich ohne Zersetzung u. wird aus dieser Lösung durch verdünnte Säuren unverändert gefällt; in concentrirter Kalilauge löst er sich unter Zersetzung zu einer braunen Flüssigkeit, aus welcher Säuren rothbraune Flocken fällen, welche zu einer braunen, in Alkohol wenig löslichen Masse eintrocknen. Mit concentrischer Schwefelsäure zusammengebracht, nimmt dieser Farbstoff sogleich die schöne tiefblaue Färbung an, welche den O. bei gleicher Behandlung charakterisirt; die blaue Farbe geht bald in schmutziges Grün u. dann in Schwarzgrau über. Die blaue Färbung läßt sich auf keine Weise fixiren. Dieses Verhalten hat der Spargelfarbstoff mit dem Polychroit u. dem Cholepyrrhin (Gallenfarbstoff) gemein. Der Farbstoff hat die Formel C16H7O7. Kerndt ist der Meinung, daß der Farbstoff der Spargelbeeren ein anderer, als der des O. sei, ohne jedoch Gründe dafür beizubringen; ebenso bedarf die Existenz zweier von ihm in den Spargelbeeren angenommener Stoffe, des Eoidin, C24H22O3, u. des Chrysoïdin, C24H22O3, noch sehr der Bestätigung.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 368-369.
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