Elektrŏphĭr

[627] Elektrŏphĭr- (Elektrometrophor, Elektricitätsträger), ein 1775 von Volta erfundenes Instrument, womit man Monate lang, ohne die Elektricität von neuem zu erregen, elektrisieren kann. Er besteht aus einem dünnen Harzkuchen, welcher, in einen Teller von Eisenblech od. von Holz mit Stanniol überzogen gegossen ist, u. aus einem metallenen Deckel (Conductor) von etwas geringerem Durchmesser, welcher an einer nicht leitenden Handhabe, z.B. an seidenen Schnüren, aufgehoben werden kann. Um den E. in Thätigkeit zu setzen, wird der Kuchen mit Tuch od. einem Katzenfell gerieben, od. einem Fuchsschwanz gepeitscht. Wird nun der Deckel aufgesetzt u. dieser mit dem Finger berührt, so erhält man einen kleinen elektrischen Funken, hebt man den Deckel wieder isolirt ab u. berührt dann den Deckel, so bekommt man auch einen kleinen Funken. Ein mit dem Deckel in Verbindung stehender Elektrometer zeigt unmittelbar nach dem Aufsetzen an der oberen Fläche jedesmal die gleichnamige Elektricität des Kuchens (– E.), welche jedoch wieder verschwindet, wenn man den Deckel, ohne ihn vorher mit dem Finger zu berühren, isolirt u. parallel aufhebt; berührt man ihn aber vor dem Aufheben, so wird im Moment der Berührung das Elektrometer unelektrisch, nach dem Aufheben jedoch zeigt der Deckel die der Kuchenelektricität entgegengesetzte (+ E.). Sie ist ihm daher nicht durch den Kuchen mitgetheilt, sondern durch Vertheilung in ihm erregt worden; durch die Fingerberührung wurde die abgestoßene gleichartige (–) E. abgeleitet, u. nach dem Aufheben wird die zuvor gebundene (+) E. frei. Auch in der metallenen Unterlage wird durch die – E. des Harzkuchens die Elektricität vertheilt u. zwar die – E. abgestoßen u. in die Erde abgeleitet, die + E. aber gebunden, u. diese letzte wirkt wieder bindend auf die – E. des Harzes, so daß dasselbe. durch Reiben weit stärker elektrisirt werden kann, als ohnedem. Berührt man mit einem Finger die nicht isolirte Basis u. mit dem anderen den isolirten darauf gelegten Deckel, so entladen sich beide durch einen erschütternden Funken, u. beide Elektricitäten sind indifferenzirt. Man kann mit dem E. eine Leydener Flasche laden u. auch durch diese, den E. verstärken. Über die Verwendung des E-s zu Zündmaschinen vgl. Zündmaschine. Eine besondere von Lichtenberg erfundene Einrichtung des E-s (doppelter E.) dient dazu, beide Elektricitäten, + u. – E., bequem neben einander zu erhalten. Aubert brachte Glas-E. aus viereckigen Glastafeln statt des Harzkuchens in Vorschlag, auch Halb-E. aus seidenen, wollenen, leinenen u. papierenen Stoffen. Bei dem gewöhnlichen E. ist von zwei Belegungen (die an der Leydener Flasche fest sind) eine beweglich; er kann aber auch beide Belegungen beweglich haben u. dann selbst noch aus mehreren über einander liegendentrennbaren Schichten bestehen. Von dieser Art ist Auberts Co-E. Villette gab einen Papier-E. an, blos aus einem halben Bogen Papier bestehend, der, stark erhitzt, mit einem seidenen Tuche od. rauhen Felle gerieben wird; er erhielt lebhafte Funken u. lud Leydener Flaschen damit. Vgl. A. Volta, Beschreibung einer elektrischen Geräthschaft, E. genannt, Prag 1777; Schäffer, Versuche mit dem beständigen Elektricitätsträger, Regensb. 1780; Jos. Weber, Vom dynamischen Leben der Natur überhaupt u. vom elektrischen Leben im Doppelelektrophor insbesondere, Landsh. 1816.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 627.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: