[945] Interimswirthschaft, die in vielen Gegenden Deutschlands bei den Bauerngütern sich findende Einrichtung, nach welcher, wenn bei Vererbung der selben der Anerbe noch nicht das zur Übernahme des Gutes erforderliche Alter erreicht hat, die Bewirthschaftung des Gutes durch einen Stellvertreter eintritt, dem dann aber in Beziehung auf die Bewirthschaftung des Gutes alle Rechte u. Verbindlichkeiten kraft selbständiger Berechtigung wie dem wirklichen Bauer zukommen. Der ursprüngliche Fall, welchem die I. ihre Entstehung verdankt, scheint die Übertragung der Colonatsrechte auf den zweiten Ehegatten durch die ihn überlebende Wittwe des früheren Besitzers gewesen zu sein. Außerdem kommt die I. aber auch in der Weise vor, daß der Vormund mit Zustimmung der Obervormundschaft u., wenn das Bauerngut in einem Unterthänigkeitsverhältnisse stand, mit Genehmigung des Gutsherrn einen Interimswirth bestellte. Derselbe muß eine zur Bewirthschaftung des Gutes fähige Person sein; er ist verpflichtet, das Gut in Bau u. Besserung zu erhalten, hat alle Lasten desselben zu tragen, vorhandene Geschwister des Anerben abzufinden u. auszusteuern, genießt dafür aber auch, mit Ausschluß einer Veräußerung od. Verpfändung, alle Rechte eines wirklichen Eigenthümers, insbesondere alle Früchte des Gutes ohne Pflicht zur Rechnungsablegung dafür, daß er auf diese Weise sein Vermögen ganz od. theilweise in das Gut zu verwenden hat, wird ihm nach Beendigung der I. eine Leibzucht, seinen Kindern eine Abfindung, auch wohl ein eventuelles Successionsrecht gewährt; für diejenigen Verwendungen, welche die im Voraus festgesetzte Summe übersteigen od. die er sonst über seine Verpflichtungen hinaus aufgewendet hat, kann er überdies noch entsprechende Entschädigung verlangen.[945] Die I. endigt mit dem Ablauf gewisser Jahre (Mahljahre), welcher regelmäßig mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Erben zusammenfällt, außerdem mit dem Tode od. eingetretener Wirthschaftsunfähigkeit des Interimswirths, nicht aber mit dem Tode des Anerben, weil dem Interimswirth ein Recht auf Aushaltung der bestimmten Mahljahre zusteht. Vgl. Runde, Abhandlung der Rechtslehre von der I. auf deutschen Bauergütern, 2. Ausg. 1832.