[930] Kutsche (eigentlich Kutschwagen), das Wort ist nach Einigen deutsch, heißt Gutschiwagen u. bedeutet Schaukelwagen, nach Andern ungarisch, heißt eigentlich Kotschi (Kocsi) u. bedeutet einen Wagen aus Kocs, einem Dorfe bei Raab, woher zu Ende des 15. Jahrh. solche Wagen in die Mode kamen; 1) Wagen mit einem oben bedeckten, wenigstens hinten in der Schwebe hängenden Raume (Kutschenkasten), zur Aufnahme der Personen. Die Hauptarten davon sind die Carosse u. die Chaise (s.d.). Doch hat auch an die Gestalt dieser beiden Arten die Mode einen beständigen Wechsel hervorgebracht, daher Landauer, Englische, Französische K-n, Berlinen, Phaëtons, Cabriolets (s.d. a.). Eine Zeit lang hatten die Wiener K-n einen bedeutenden Ruf. Ehemals wurde der Kutschenkasten mit Hängeriemen, die ganz unter demselben hingingen, an eisernen Stützen über dem Kutschengestell aufgestellt; später an den Kutschenfedern, die aus mehreren, über einander gelegten eisernen Schienen bestehen, die Gestalt eines C (C-Federn), od. eines S (S-Federn, Schwanhälse) haben u. auf der Hinter- u. Vorderachse befestigt sind. An diese Federn wird der Kutschkasten mit doppelten Riemen (Tragriemen) gehängt. Jetzt wird der Kasten gewöhnlich auf Druckfedern gesetzt; durch deren Vermittlung ruht der Kasten unmittelbar auf den Achsen, ohne daß Tragriemen nöthig sind. Das zu große Schwanken des Kastens verhindert man auch wohl durch Schwankrieme, welche unten an dem Kasten u. an dem Wagenbaum befestigt sind. Zur Annehmlichkeit dient es, wenn die lederne Decke über den Kasten (das Verdeck) nach Bedarf niedergeschlagen werden kann, u. wenn der Kasten durch Fenster gehörig erhellt ist; zum bequemen Einsteigen werden an den Thüren Tritte angebracht. Außerdem ist ein Hemmzeug nöthig für das Bergabfahren; dies kann entweder in einem Hemmschuh od. einem Schleifzeug bestehen. Der Sitz des Pferdelenkers (Kutschers) vorn an der K. heißt der Bock, die hölzernen u. eisernen Stützen, welche den Bock tragen, heißen Bockstützen; letztere sind mitten auf dem Kranze (Bockschemel) befestigt u. tragen zugleich das Bret, welches dem Kutscher zum Aufstemmen der Füße dient (Fußtritt). Am Bock sind gewöhnlich Laternen angebracht, welche bei Nacht angezündet den Weg erleuchten. Über den Rädern bringt man Kothflügel an, damit der Straßenkoth von den Rädern nicht an od. gar in die K. geschleudert werde. Häufig werden auch noch besondere Vorrichtungen zum Schutz gegen das Umwerfen, Ventilatoren zur Erneuerung der Luft, Fußwärmer od. vollständige Heizvorrichtungen angebracht. Der Kutschenbau wird in manchen Gegenden als freie Kunst betrachtet, weil kein einzelner Handwerker eine K. allein fertig machen kann; doch wird er größtentheils von den Sattlern betrieben, welche das Kutschengestelle u. die Räder von dem Stellmacher, das dabei nöthige Eisenwerk (Kutschenbeschlag) von dem Schmied, das Messingwerk, an Büchsen, Kasten u. Verdeck von dem Gelbgießer verfertigen lassen, u. nur das lederne Verdeck u. das inwendige Auspolstern selbst besorgen. Vgl. Lebrun, Handbuch der Kutschenfabrikation, Quedlinb. 1835; Beckmann, Chaisenfabrikant, 65. Band des neuen Schauplatzes der Künste u. Handwerker. Die in Riemen hängenden verdeckten K-n sollen eine Erfindung der Ungarn, um 1450 sein; doch soll schon Isabelle, Gemahlin König Karls VI. 1405 ihren Einzug in Paris in einem ähnlichen Wagen gehalten haben. Unter Franz I. (151547) wurden die K-n besser eingerichtet, doch nur für Damen bestimmt (daher Damenwagen, Chariots, Damarets, genannt), erst später auch für fürstliche u. andere sehr vornehme Mannspersonen. Heinrich IV. (st. 1610) hatte für sich u. seine Gemahlin nur eine einzige K. In Deutschland bedienten sich fürstliche Personen schon im 15. Jahrh. der K-n. Nach England kamen sie von Deutschland aus um 1555; nach Spanien um 1546; nach Schweden nach 1560 aus England. 1760 gab es schon in Berlin eiserne Achsen in messingnen Büchsen. 2) So v.w. Masse, s.u. Billard II.