[417] Liqueur (fr., spr. Liköhr), 1) Branntwein, welcher durch Abziehen über gewürzhafte Stoffe, od. Digeriren über solche, ingleichen durch Zusatz von Zuckerwasser, auch durch kalte Vermischung mit Ölen von angenehmerem Geschmack geworden ist. Gewöhnlich wird der L. auch verschiedenartig gefärbt. Das Wesentlichste bei der Liqueurfabrikation beruht hauptsächlich auf Beobachtung gewisser, als wohlschmeckend befundener Mischungsverhältnisse, auf Beseitigung jedes suseligen ob. widrigen Beigeschmacks, Stellung auf einen bestimmten Grad, mittelmäßige Versüßung, schöne Färbung, die jedoch der Gesundheit nicht nachtheilig sein darf, u. guter Abklärung durch Lagern od. Filtriren. In neuester Zeit wendet man hier u. da statt Branutwein od. Weingeist auch Rumspiritus an u. nennt die daraus dargestellten L-e Weinliqueure, welche einen abweichenden Geschmack haben. Zur Destillation der L-e bedient man sich entweder eines Glasapparates od man destillirt im Wasser- od. Marienbade. Die Gewürze etc. sind, ehe sie destillirt od. digerirt werden, zu zerkleinern, am besten werden sie in einem groben Leinwandsäckchen in die Destillirblase gethan. Die Verdünnung der L-e darf nur mit. destillirtem Wasser geschehen. Nachdem der Branntwein aus einer Arznei zu einem Volksgetränk geworden war, bemühten sich zuerst die Italiener, ihn zu veredeln u. bes. unter Vornehmern u. Reichen ihn zu einem höheren Genußmittel zu machen. Sie gaben ihren Kunstbereitungen den Namen Liquori, u. so wurde er schon zu Anfang des 16. Jahrh. Gegenstand des Handels; bald aber übertrafen die Franzosen in ihren L-s die Italiener; in Paris entstanden die ersten Liqueurfabriken, u. lange Zeit blieben die französischen L-s die gesuchtesten. In neuerer Zeit ist ihre Bereitung kein Geheimniß, u. eine Menge Recepte zur Darstellung schmackhafter L-s in den mannigfaltigsten Sorten sind bekannt genug, ungeachtet noch täglich unter neuen Namen auch neue Zusammensetzungen dargeboten werden. Die Gewürze, welche man am meisten als Hauptsubstanz od. als Nebeningredienzien angewendet, u. wonach der L. zum Theil benannt wird, sind: Angelika, Anis, Cardamomen, Citronenschalen, Coriander, Florentiner Veilchenwurzel, Kalmus, Kümmel, Muskatblüthe, Muskatnuß, Nelken, Sternanis, Vanille, Zimmt, Pomeranzenschalen, Wachholderbeeren, Lavendelblumen, Krauseminze, Pfefferminze, Alantwurzel, Fliederblumen, Fenchel, Galgant, Tausendgüldenkraut, Melisse, Zittwerwurzel, Pfirschenkörner etc. Viele der einzelnen. Arten von L. s.u. Eau 2). Andere Arten heißen [417] Creme, seine französische L-e mit reichlichem Zuckerwasser u. daher dickerer Consistenz. Sie führen nach der Zuthat eigene Benennungen, wie Creme de Barbados, aus Citronen- u. Pomeranzenschalen; Muskatenblumen, Zimmt, einige Würznelken u. Zucker; C. de caffé, C. de canelle, C. de demoiselles (mit Muskatrosen u. Orangeblüthen etc.), C. de macarone, C. de menthe, C. de fleur d'orange (sehr beliebter Damenliqueur in Frankreich); C. de rose u. v. a. Vgl. Schedel, Destillirkunst u. Liqueurfabrikation, Weim. 1841; Hahn, Handbuch für Destillateure, Berl. 1844; Schmidt, Handbuch der französischen u. italienischen Liqueurfabrikation, Erf. 18477 Pleßner, Die kalte Destillation, Posen 1848; Möwes, Die Destillirkunft, Berl. 1850, 5. Aufl. 1859. 2) L. zur Champagnerbereitung, wird bereitet, indem man gereinigten weißen Candiszucker mit einem gleichen Volumen weißen Weins in einem bes. dazu bestimmten Liqueurfaße anrührt, von Zeit zu Zeit umrüttelt, bis der Zucker ganz flüssig geworden ist; dann die Flüssigkeit mit Hausenblase schönt u. den fertigen L. auf ein anderes Faß klar abzieht. Man gibt davon 3 Volumenprocente in jede Flasche bei dem Füllen des Champagners.