Nelke [1]

[776] Nelke, 1) die Pflanzengattung Dianthus; die Arten werden durch vorgesetzte Bezeichnung unterschieden, z.B. Federnelken, etc.; bes. 2) Gartennelke (Dianthus caryophyllus), in Italien u. der Schweiz wild u. im Juli u. August daselbst unansehnlich roth blühend. Die N. ist unter allen Gartenblumen am meisten durch Cultur der Veredelung fähig, indem sie dann gefüllt in vielen Schattirungen u. dem Auge höchst gefälligen Formen zur Blüthe kommt, auch dabei durch angenehmen Geruch sich auszeichnet. Die Nelkenzucht u. die Gewinnung einer Menge Nelkensorten (deren man in Verzeichnissen über 1000 zählt) ist daher in England, Holland u. Deutschland etc. sehr ausgebreitet, obgleich jetzt weniger als vor 30–50 Jahren in der Mode, wo eine schöne Nelkenflor das höchste Ziel eines Blumisten (Nelkenisten, Nelkencultivators) war. Man unterscheidet die N-n: A) dem Bau der Blumen nach, in N-n mit Nelkenbau, wenn die Blätter dachziegelförmig über einander liegen; N-n mit Ranunkelbau, wenn sie sich halbkugelig bilden; N-n mit Rosenbau, wenn die Blätter am Rande aufwärts sich krümmen; N-n mit Kegelbau, wenn sich die mittlern in die Höhe thürmen; N-n mit Triangelbau, wenn jedes Blatt in scharfem Winkel aufwärts gekrümmt ist; N-n mit gemischtem Bau. B) Der Farben. Zeichnung nach: ohne Zeichnung, ganz einfarbige (Farbenblumen); mit Zeichnung, ier heißt die gleichsam darauf aufgetragene Farbe Zeichnungs- (Illuminations-) farbe, die, auf welche diese aber aufgetragen ist, Grundfarbe. Man theilt die N-n in: a) punktirte N-n (Salamander), u. b) getuschte N-n, welche rundlich endende, gleichsam verfließende Zeichnungen haben; sie theilen sich in Feuerfaxe, mit zwei[776] in einander getuschten Zeichnungsfarben; in Flameusen, mit nach dem Grunde des Blattes vertuschter Zeichnungsfarbe; die untere Blattfarbe ist einfarbig; c) gestrichelte N-n; sie zerfallen wieder in: aa) am Rand gestrichelte N-n, u. diese theilen sich in aaa) Picoten, stets mit weißer od. gelber Grundfarbe (daher Weiße u. Gelbe Picoten), mit Einer Zeichnungsfarbe; sie theilen sich in Randpicoten, mit gleichen, ganz kurzen Zeichnungen, in den Rand des Blattes hinein; Deutsche (Altdeutsche) Picoten, mit kurzen, gleichen Strichen bis in die Mitte des Blattes hinein; Neudeutsche Picoten, die vorige Zeichnung geht noch tiefer in das Herz des Blattes hinein u. die Striche sind zuweilen getrümmt abgebrochen u. verlängert; Holländische Picoten, die Striche laufen keilförmig bis in das Herz des Blattes (sehr geschätzt); Römische Picoten, holländische u. neudeutsche Zeichnung vereinigt; Französische Picoten, die vorige Zeichnung, an jeder Seite des Keils noch ein gestrichelter Streif; Spanische Picoten, eben so, mit zwei Streifen; Italienische Picoten, eben so, mit drei Streifen (sehr selten); bbb) Picot-Picoten (Picot-Bizarden), wie die Picoten nur mit zwei farbigen Zeichnungen; wie die Picoten eingetheilt; bb) mit durch das ganze Blatt drei Längsstreifen bilden der Zeichnung; sie zerfallen in Doubletten, mit nur einer Zeichnung auf der Grundfarbe; Bizarden, mit mehrern Zeichnungsfarben; Doubletten u. Bizarden sind wieder getheilt in deutsche, mit ungekerbten, u. englische, mit beschnittenen Blättern; ferner Concordiennelken mit derselben Schattirungssarbe als die Grundfarbe, nur heller od. dunkler, sie sind nicht sehr geschätzt; Römische N-n haben in der Mitte des Blattes eine pyramidale Zeichnung, dabei zwei seine Striche u. am Blattrand sehr seine Striche. Da die Blüthezeit der gewöhnlichen Gartennelke sehr kurz ist, so pflanzt man häufig sogenannte Baumnelken, welche zu verschiedenen Zeiten des Jahres u. zumeist auch im Winter blühen, später gelang es, aus Samen der gewöhnlichen rothen Baumnelken, die mit Gartennelken befruchtet wurden, eine neue Sorte von immerblühenden N-n, Remontantnelken, zu erzeugen. Man pflanzt diese N, n im April aus den Töpfen in den Garten, wenn man keine Topfflor behalten will, wo sie bis zum Eintritt der Herbstfröste blühen. Die Knospen sind auszuschneiden, um die Pflanzen zur zweiten Blüthe zu kräftigen. Im Herbst pflanzt man sie wieder in Töpfe. In einem nicht zu warmen Zimmer blühen den ganzen Winter einzelne N-n. Ihre Vermehrung geschieht durch Stecklinge. Die Zwergnelke ist 15–20 Centimeter hoch, die Blumen erheben sich nur einige Centimeter über die Pflanzen. Allgemeine Erfordernisse einer schönen N. sind: hinlängliche Stärke des Blumenstäugels, damit die Blume nicht herabhängt; lange, breite, steife Blumenblätter, die sich leicht ausbreiten u. freie Blumen bilden; daß die mittlere Hülfe der Blumen nicht zu hoch hervorstehe; schöne Farben, welche durch die ganze Blume gleich gezeichnet sind; daß sie dick, voll, in der Mitte mit höheren, außen herum mit vollkommen runden Blättern besetzt, daß der Kelch nicht aufgesprungen sei u. die Blumenblätter durch die Öffnung herauslasse. Die Topfnelke gedeiht am besten in verfaulten Pflanzenstoffen (Wiesenrasen, verwestem Baumlaub) in Haufen gelegen u. durchstochen; sie wird mit 1/6 reinem Flußsand vermischt u. nicht zu sein gesiebt. Die Landnelke gedeiht in jedem lockeren, nahrhaften, mäßig fetten Gartenboden, der mit keinem rohen Dünger gemischt ist.

Die Nelkenzucht geschieht a) durch guten Samen von schönen N-n (Mutternelken). Man sammelt den Samen nur von gefüllten mittelgroßen Blumen mit langen Kelchen, ungezackten Blättern u. ganz reiner Grundfarbe. Um schöne Spielarten zu erzeugen, wendet man gleich nach dem Aufblühen der Blumen die künstliche Befruchtung an. Den 24 Stunden vorher eingeweichten Samen säet man im April in sandige, gut verrottete Schlammerde. Schon Anfangs Mai kann man die jungen N. verpflanzen. b) Durch Nelkensenker, indem man die N. von einem andern Nelkenstock bald nach der Blüthezeit bis zu Anfang Augusts absenkt. Man wählt dazu kräftige Zweige, die keine Blüthe getrieben haben, schneidet den Zweig am zweiten od. dritten Knoten von den Blättern abwärts halb durch, schlitzt den Zweig aufwärts 1/23/4 Zoll lang auf, macht in die Erde des Topfes od. Beetes eine Grube, drückt den aufgespaltenen Zweig allmälig abwärts hinein, befestigt ihn mit einem hölzernen Häkchen in der darunter aufgelockerten Erde, wobei das Häkchen nahe an den halb durchschnittenen Knoten gesteckt wird, u. bedeckt ihn mit gut zubereiteter Erde. Im Frühjahr od. schon im Herbst, wenn der Senker Wurzeln geschlagen hat, wird er vollends abgeschnitten u. weiter verpflanzt. c) Durch Stecklinge, man nimmt von Mutterstöcken Zweige von 2–3 Gelenken u. steckt sie auf abgetriebene Mistbeete od. beschattete Rabatten tief ein; im Freien bedeckt man sie mit Glasglocken. Stecklinge werden im Sommer, aber auch im October u. November gemacht. In letzterm Falle pflanzt man sie in Töpfe, stellt sie in ein kaltes frostfreies Zimmer od. in ein Gewächshaus vom Lichte nicht zu weit entfernt u. erhält die Erde mäßig feucht. Sind die auf irgend eine Weise gezogenen N-n groß geworden, so versetzt man sie in Äsche, setzt diese auf Stellagen u. schützt sie durch einen leinenen Schirm gegen zu heiße Sonne, so wie gegen kalte Regen, begießt sie hier nur leicht, früh od. Abends bei sehr warmer Witterung, u. wenn sie stängeln, erhalten sie Stäbe u. werden mit Bast daran angebunden. Beim Eintritt des Frosts nimmt man die N-n an einem heitern Tage aus dem Freien weg u. bringt sie in ein Zimmer od. stellt sie im Orangeriehaus längs den Fenstern hin, gibt ihnen keine Ofenwärme u. wenig Wasser, sondern lüftet das Zimmer, wenn kein Frost da ist. Sobald die strengen Nachtfröste anfhören, bringt man sie allmälig in die Luft. Im April kann man sie ins Land verpflanzen. Alle kräftigen N-n lassen sich auch treiben, wenn man sie erst kühl u. trocken hält, bis Ende December in ein mäßig warmes Zimmer in ein sonniges Fenster stellt u. hinreichend begießt. Die Blüthenzeit der N-n ist Juli u. August. Während derselben müssen die Blumen vor der Sonne geschützt werden, um die Flor länger u. die Farben dauerhaft zu erhalten. Um große Blumen zu erhalten, werden einem Stocke höchstens vier Knospen gelassen. Dem Aufplatzen der Kelche wird durch einen kleinen Reif von Karten blatt vorgebeugt. Um N-n in einem Jahre zwei Mal zur Blüthe zu bringen, schneidet man sie gleich am ersten Tage nach dem Verblühen ab, so daß von der Samenknospe nur noch 1 Linie stehen bleibt, u.[777] nach zwei Monaten blüht der Stock zum zweiten Male. Krankheiten der N-n: Wassersucht, wenn sie zu viele Feuchtigkeit haben; Gelbsucht, wenn die Stöcke u. Blätter vergelben, man wendet dagegen Begießen mit einer schwachen Auflösung von Eisenvitriol an; Blausucht, wenn die Blätter blaue Flecken, Rost, wenn sie eisenrostartige Flecke bekommen, man muß die kranken Theile schnell von den gefunden entfernen u. den N. einen bessern Standort geben; Hohlsucht, wenn der untere Theil des Stängels unförmig aufschwellt, rührt von zu roher od. zu fetter Erde her, die N. muß herausgenommen u. in reine gute Erde versetzt werden etc. Von Insecten sind für sie am verderblichsten: die Nelkenblattläuse, die von kränkelnden Stöcken leicht auf andere übergehen, u. die Ohrwürmer, die man am leichtesten wegfängt, wenn man Papierdüten Abends auf die Nelkenstäbe aufsetzt, in die sie Nachts kriegen; Läufe vertreibt man mit Tabakrauch. Vgl. Behr u. Münzel, Das ganze der Nelkenzucht, Lpz. 1810, 2 Thle.; Beschreibung u. Naturgesch. der N-n, Regensb. 1826; System der Gartennelken, Berl. 1827; Lorenz, Der Nelkenzüchter, Erf. 1858; 3) Verschiedene nelkenähnliche Blumen mit bes. Bezeichnung, z.B. Gras-, Pech-, Mauer-, Meernelken; 4) Königs- od. Mutternelken, so v.w. Gewürznelken; 5) Indianische N., so v.w. Stundenblume, s.u. Hibiscus.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 776-778.
Lizenz:
Faksimiles:
776 | 777 | 778
Kategorien:

Buchempfehlung

Aristophanes

Die Wolken. (Nephelai)

Die Wolken. (Nephelai)

Aristophanes hielt die Wolken für sein gelungenstes Werk und war entsprechend enttäuscht als sie bei den Dionysien des Jahres 423 v. Chr. nur den dritten Platz belegten. Ein Spottstück auf das damals neumodische, vermeintliche Wissen derer, die »die schlechtere Sache zur besseren« machen.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon