Miliz [1]

[267] Miliz, die Landesbewaffnung, die um die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs ins Leben trat. Zuerst wurde die M. in Holland, in den freien Städten organisirt, in Schweden, wo die Armee aus 21 Regimentern Nationalmiliz bestand, von denen jeder Landeigenthümer einen Mann unterhalten mußte (s. Schweden, Geogr.), u. in Dänemark, wo 1/3 jedes Regiments aus geworbenen Ausländern, die immer im Dienst waren, aber aus Bauern bestanden, die von den Grundbesitzern ernährt u. besoldet wurden, aber dafür diesen bei ihren Arbeiten helfen mußten. Auch die Landmiliz (s.d.) in Deutschland lief auf eine ähnliche Idee hinaus. Besser organisirt war die M. in Großbritannien; sie bestand dort schon seit König Alfred, hatte aber später aufgehört u. wurde 1756 bei einer, von den Franzosen gedrohten Landung zu etwa 40,000 Mann neu organisirt. 1802, wo sie bei der wiederholt gefürchteten französischen Landung sich sehr thätig bewies, gab eine Parlamentsacte dem König das Recht, sie zu vermehren u. nach Belieben in die Grafschaften zu vertheilen. 1803 wurden endlich zwei verschiedene errichtet, eine regelmäßigen. eine örtliche M. (Yeomanry). Jeder Lordlieutenant leitet in seiner Grafschaft die Milizen. Jeder Milizsoldat muß in Großbritannien 5 Jahre dienen u. wird durch das Loos bestimmt; nur Peers, Soldaten, Mitglieder der Universitäten, Schullehrer, Beamte, Lehrlinge, Seeleute u. Arme, die mehr als ein Kind haben, sind vom Dienst ausgenommen. Ersatzmänner zu stellen ist erlaubt. Die Offiziere werden von dem Lordlieutenant ernannt, doch ist ein gewisses Einkommen für jeden Grad nöthig; auch gediente Offiziere des Landheeres, vom Hauptmann aufwärts, dürfen zu Milizoffizieren genommen werden. Die Milizen jedes Grades stehen im Range unter denen desselben Grades der Armee. Diese Milizen bilden Regimenter, die nicht unter 8, nicht über 12 Compagnien enthalten dürfen; Grafschaften, welche diese nicht zusammen bringen können, bilden einzelne Bataillons. Jährlich können die Milizen 28 Tage in den Waffen geübt werden, u. sie erhalten alle 3 Jahre Kleidung. Der König kann die Milizen zusammenrufen u. in Großbritannien verwenden; er muß jedoch 14 Tage nachher dem Parlament[267] Rechenschaft ablegen. Die Zahl der Gemeinen der Miliz soll 80,000 nicht überschreiten, im Krieg kann sie auf 120,000 gebracht werden. Nah verwandt ist mit der M. das Corps der Freiwilligen, zu Milizen u. Freiwilligen stellen sich bei drohender Gefahr fast alle waffenfähigen Briten. Vgl. Großbritannien (Geogr.). Auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika wurde die M. eingeführt u. hatte während des dortigen Unabhängigkeitskriegs den besten Erfolg. Bes. zeichneten sich die Rifflemen (Büchsenschützen) aus Virginien u. andern Staaten aus; in neuester Zeit hat Michigan die beste Milizorganisation. Mexico hat deren 50,000 Mann, u. sie fochten in den Kriegen gegen Spanien tapfer, wie sie in den Bürgerkriegen bis auf die neuste Zeit oft angewendet wurden. In Südamerika wurden seit 1810 ähnliche Milizen organisirt, doch trat hier. die südliche Natur der regelrechten Organisation entgegen u. ließ sie weniger ausgebildet erscheinen, als in den nördlichern Gegenden. Auch die österreichische, preußische u. deutsche Landwehr war im Grunde genommen eine Milizeinrichtung. Ähnlich verhält es sich mit der spanischen u. portugiesischen Milicianos, die eine 1821 u. 1833 nach beiden u. nach der französischen Nationalgarde gebildete Einrichtung sind.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 267-268.
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