Michigan

[238] Michigan (spr. Mittschighänn), 1) (M. See, Lake M.), einer der fünf großen Canadischen Seen (s.d.), erstreckt sich vom 67°50' bis 70° westlicher Länge (von Ferro) u. vom 41°301 bis 46° nördlicher Breite, grenzt im Norden u. Osten an den Staat M., im Süden an Indiana, im Westen an Illinois u. Wisconsin. Seine Länge (von Norden nach Süden) beträgt 64 Ml., seine größte Breite (von Osten nach Westen) 23 Ml., sein Flächenraum über 900 QM., seine mittlere Tiefe 900 Fuß; Höhe über dem Meeresspiegel 560 Fuß; empfängt sein Wasser durch die Strait of Mackinaw aus dem Huronen See u. zahlreiche kleinere Zuflüsse, von denen der bedeutendste der Great River; ist außerordentlich klar u. fischreich. Die Ostküste ist flach u. sandig, die Westküste hoch, namentlich gegen Norden ein malerisches Gebirgsland. Im Nordwesten bildet er die Greenbai, sonst ist der M. See arm an Buchten u. Häfen, ebenso an Inseln; 2) (State of M, officielle Abkürzung: Mich.), einer der Vereinigten Staaten von Nordamerika, u. zwar einer der sechs sogenannten nordwestlichen Agriculturstaaten, besteht aus zwei Halbinseln, von denen die größere südliche im Süden an die Staaten Indiana u. Ohio, im Osten an den Erie See, Canada, den St. Clair See u. den Huron See, im Norden an die Mackinaw Straße u. im Westen an den Michigan See; die kleinere nördliche im Südwesten u. Süden an den Staat Wisconsin, im Südosten u. Osten an den Michigan See u. den Huron See, im Norden an den Obern See grenzt; außerdem gehören mehre Inseln zu M.: Isle Royal (im Obern See), Manitou u. Beaver Inseln (im Michigan See), Mackinaw u. Bois Blanc (im Huron See) etc.; Gesammtflächenraum des Staates: 56,243 englische od. 2645 geographische QM.; die südliche Halbinsel ist ohne Gebirge, zum Theil wellenförmig, steigt nirgends bis über 300 Fuß (über den Spiegel des Michigan Sees), wird von vielen kleineren Flüssen u. Bächen bewässert u. zeichnet sich durch Fruchtbarkeit aus; die nördliche Halbinsel ist dagegen rauh u. gebirgig (Wisconsin od. Porcnpim Mountains), reich an Naturschönheiten, zum Ackerbau weniger geeignet, aber ausgezeichnet durch Mineralreichthum (namentlich Kupfer), bis jetzt jedoch nur noch wenig bewohnt; Flüsse der südlichen Halbinsel: St. Joseph, Kalamazoo, Grand, Maskegon u. Manistee Rivers (sämmtlich in den Michigan See mündend), Au Sable u. Saginaw Rivers (in den Huron See), Huron u. Raisin Rivers (in den Erie See); die der nördlichen Halbinsel: Menomonee (in die Greenbai des Michigan See's mündend), Montreal u. Ontonagon (beide in den Obern See mündend); das Klima gilt im Allgemeinen für milder als in den östlichen Staaten unter denselben Breitengraden, ist aber namentlich auf der nördlichen Halbinsel rauh u. streng, die Winter kalt u. aufhaltend (November bis März), die Sommer kurz, aber heiß; die Luft im Allgemeinen feucht; viele Gegenden den Gallen- u. Wechselfiebern unterworfen. M. ist reich an Waldungen (Eichen, Eschen, Linden, Fichten) u. schönen Prairien; Hauptproducte sind: Mais (nur auf der südlichen Halbinsel), Weizen, Gerste, Roggen, Kartoffeln, Hanf, Flachs, Lein, Hopfen, Hülsenfrüchte, Obst, Wein, Tabak; das Thierreich bietet: Rindvieh, Schafe, Pferde; an [238] Wild: Bären, Wölfe, Panther, Füchse, Elenn, Biber, Stachelschweine, Wiesel, Marder u.a. Pelzthiere; die Seen großen Reichthum an Fischen u. Seevögeln; das Mineralreich: Kupfer (namentlich auf der nördlichen Halbinsel), Silber, Eisen, Steinkohlen u. Salz. Bevölkerung, außer den Indianern, nach dem allgemeinen Census von 1850: 397,654 Ew. (395,097 Weiße, 2557 freie Farbige), also 150 Ew. auf 1 geographische QM.; nach einer Specialvolkszählung von 1854: 511,672 Ew.; die weiße Bevölkerung ist meist anglo-amerikanischer, britischer, französischer (die ursprünglichen europäischen Ansiedler), irischer u. deutscher Abkunft; außerdem noch zahlreiche Indianer, bes. den Ottawas, Miamis, Pottowattomis, Ojilwais u. anderen Stämmen der Algonkins angehörig. Eintheilung in 64 Grafschaften (Counties), wovon jedoch bis 1850 nur folgende 43 (fast sämmtlich der südlichen Halbinsel angehörend) organisirt waren: Allegan, Barry, Berrien, Branch, Calhoun, Caß, Chippewa, Clinton, Eaton, Gennessee, Hillsdale, Houghton, Huron, Ingham, Ionia, Jackson, Kalamazoo, Kent, Lapeer, Lenawee, Livingston, Macomb, Marquette, Mason, Midland, Michilimackinac (Mackinac), Monroe, Montcalm, Newago, Oakland, Oceana, Ontonagon, Ottawa, Saginaw, Sanilac, St. Clair, St. Joseph, Schoolcraft, Shiawassee, Tuscola, Van Buren, Washtenaw u. Wayne; Hauptstadt: Lansing, bis 1847 war es Detroit, welches jetzt noch die bedeutendste Stadt des Staates ist.

Die ursprüngliche Verfassung von M. ist von 1837, die gegenwärtige von 1850; an der Spitze der Executivgewalt steht ein auf zwei Jahre vom Volk gewählter Gouverneur (1859–61 Moses Wisner) u. ein Vicegouverneur, beide müssen 30 Jahre alt, seit fünf Jahren Bürger der Vereinigten Staaten u. seit zwei Jahren Bürger von M. sein. Der Gouverneur hat ein beschränktes Veto bei der Gesetzgebung, welches durch eine Majorität von zwei Drittheilen sämmtlicher Mitglieder beider Häuser der Legislature annullirt wird. Kein Staatsbeamter der Vereinigten Staaten od. M-s kann Gouverneur werden, u. weder dieser noch der Vicegouverneur ist während seiner Amtsdauer zu einem öffentlichen Amte wählbar. Dem Gouverneur zur Seite stehen ein Staatssecretär, ein Staatsschatzmeister, ein Superintendent des öffentlichen Unterrichts u. ein Generalauditeur, ebenfalls sämmtlich vom Volk auf 2 Jahre gewählt. Die Gesetzgebende Gewalt ruht in den Händen einer Legislature, welche aus einem Senat von 32 Mitgliedern u. einem Repräsentantenhaus von nicht unter 64 u. nicht über 100 Mitgliedern (gegenwärtig 81), welche beide vom Volk auf zwei Jahre gewählt werden. Die Legislature versammelt sich im Februar alle 2 Jahre in Lansing; Amendements zur Verfassung können von jedem der beiden Häuser vorgeschlagen werden; wenn sie in beiden Häusern eine Majorität von zwei Drittheilen erhalten, so werden sie bei den nächsten allgemeinen Wahlen dem Volke zur Abstimmung vorgelegt u. werden, wenn sie von diesem die absolute Majorität erhalten, ein Theil der Verfassung. Das Wahlrecht hat jeder 21 Jahr alte männliche weiße Einwohner, welcher 6 Monate vorher die Absicht erklärt hat, Bürger der Vereinigten Staaten werden zu wollen, u. jeder civilisirte, keinem Tribus angehörige Indianer. M. sendet zum Congreß nach Washington zwei Mitglieder in den Senat, vier Mitglieder ins Repräsentantenhaus u. hat 6 Stimmen bei der Wahl des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Für Rechtspflege besteht ein Obergericht (Supreme Court), 11 Wandergerichte (Circuit Courts) u. eine entsprechende Anzahl Friedensgerichte; sämmtliche Richter werden vom Volke gewählt (die Mitglieder des Obergerichts auf 8, die der Wandergerichte auf 6, die Friedensrichter auf 4 Jahre) u. sind für die Dauer ihres Amtes u. eines Jahres nach demselben für jedes andere Amt unwählbar. Die Finanzen des Staates sind in gutem Zustande. Die gesammte Staatsschuld betrug 1859: 2,337,629 Dollars; Staatseinnahmen von 1858: 865,720 Dollars; Überschuß von vorigem Jahre: 158,642 Dollars, insgesammt 1,024,362 Dollars; Staatsausgaben: 848,015 Dollars; Schulfond: 1,384,288 Dollars; die directen Staatsabgaben betragen 10 Cents für je 100 Dollars Vermögen; der Betrag des den directen Steuern unterworfenen Vermögens belief sich 1850 auf 30,877,223 Dollars. M. besaß im Jahre 18593 Banken zusammen mit 745,300 Dollars Capital, 332,000 Dollars Notenumlauf u. über 550,000 Dollars Depositen. Die Miliz besteht aus 64,000 Mann mit einem Generalstab von 184 Mann; der ganze Staat zerfällt in 40 Militärdistricte. Religion: Methodisten, Presbyterianer, Baptisten u. Römische Katholiken bilden die Mehrzahl. 1850 hatte M. 362 Kirchen u. Bethäuser; davon gehörten 103 den Methodisten, 67 den Presbyterianern, 58 den Baptisten, 42 den Römisch Katholiken, 29 den Congregationalisten, 25 den Episcopalen, 12 den Lutheranern; die übrigen vertheilten sich auf Quäker, Christians, Holländisch-Reformirte, die Freie Kirche (Free Church), Herrnhuter, Unirte, Universalisten, Mariners u.a. Secten. An höheren Unterrichtsanstalten besitzt M. die Michigan University in Ann Arbor (1837 gegründet), mit derselben ist eine Medicinische Schule verbunden, das Römisch-katholische Seminar of St. Thomas in Detroit, das Agricultural College bei Lansing u. die State Normal School in Ypsilanti (1852 eröffnet); von Mittelschulen (Academies, Grammar Schools etc.) gab es 185037 (meist Privatanstalten), an öffentlichen Volksschulen 1859: 3946, in welchen über 173,000 Kinder unterrichtet wurden; außer diesen gibt es noch eine Anzahl öffentlicher Freischulen der Katholischen Kirche, welche meist von religiösen Orden geleitet werden, ebenso auch mehre katholische höhere weibliche Erziehungsanstalten. Wohlthätigkeitsanstalten: das Irrenhaus in Kalamazoo, das Taubstummen- u. Blindeninstitut in Flint u. das unter Leitung der Barmherzigen Schwestern stehende St. Mary's Hospital in Detroit; das Staatsgefängniß ist in Jackson, ein Correctionshaus in Lansing.

Hauptbeschäftigung ist auf der südlichen Halbinsel die Landwirthschaft, auf der nördlichen der Bergbau; von den 35,595,520 Acres, welche der ganze Staat umfaßt, waren 1850 erst 1,923,582 Acres cultivirt, welche fast ausschließlich der südlichen Halbinsel angehörten; 1850 gab es 65,709 Farmers u. nur 264 Bergleute (der Bergbau hat sich erst seitdem entwickelt, wird aber in neuster Zeit sehr stark betrieben). Die Industrie (namentlich in Wolle, Eisen, Kupfer u. Leder) ist noch in ihrer Entwickelung begriffen, hat aber in neuster Zeit einen bedeutenden Aufschwung genommen. Eben so der Handel, welcher, begünstigt[239] durch die Lage an den Seen u. die Eisenbahn- u. Kanalverbindungen, sowohl mit den benachbarten britischen Provinzen als mit den Handelsplätzen der Vereinigten Staaten von Jahr zu Jahr zunimmt. Der Werth der Ausfuhr (aus der südlichen Halbinsel hauptsächlich Getreide, aus der nördlichen Kupfer u. Pelze) betrug 1858 über 5 Mill. Dollars, der der Einfuhr an 700,000 Dollars. M. besaß an Eisenbahnen im Jahre 1859 an 230 Meilen, wovon 107 Meilen auf die Michigan Südbahn (von Monroe am Erie See nach White Pigeon an der Grenze von Indiana, von dort nach Chicago fortgesetzt), 71 Meilen auf die Michigan Centralbahn (von Detroit am St. Clair See nach New Buffalo am Michigan See u. von da dem Seeufer folgend nach Chicago), 40 Meilen auf die Detroit-Milwaukeebahn u. 12 Meilen auf kleinere u. Zweigbahnen kommen. Unter den Kanälen ist der wichtigste der 5300 Fuß lange Schiffskanal, um die Stromschnellen der St. Mary's Strait (Soult St. Mary's) zu umgehen u. den Obern See mit den Huron See zu verbinden.

Das Gebiet des hentigen Staates M. u. namentlich die südliche Halbinsel desselben war ursprünglich der Wohnsitz der Huronen, welche von den fünf Nationen daraus verdrängt wurden. Um 1650 siedelten sich die Franzosen in der Nähe des heutigen Detroit u. Mackinac an u. verbreiteten das Christenthum, behaupteten aber nach Vertreibung der Huronen nur noch einige Forts zur Beschützung des Pelzhandels; 1763 wurde der französische Rechtsanspruch auf M. an die Krone England abgetreten, welche das Gebiet aber erst durch blutige Kämpfe von den nach dem Abzuge der Franzosen unter Leitung ihres Häuptlings Pontiac aufgestandenen Indianern erobern mußte. Während des Amerikanischen Reoolutionskrieges war M. der Schauplatz erbitterter Kämpfe, im Frieden von 1783 kam es an die Vereinigten Staaten, aber erst 1796 übergaben die Briten Detroit an die Amerikaner, worauf es erst unter dem Namen Waine zu dem sogenannten Nordwest-Territorium gezogen, 1805 aber ein eignes Territorium u. nach dem gleichnamigen See genannt wurde. Beim Ausbruch des Kriegs von 1812 drangen die Briten, verbunden mit verschiedenen Indianerstämmen, zuerst in M. ein u. verübten dort die unmenschlichsten Grausamkeiten; 1813 wurde M. von den Vereinigten Staaten wieder in Besitz genommen, worauf es bald der Anziehungspunktder Einwanderung wurde; 1836 constituirte es sich als selbständiger Staat, gab sich eine Verfassung u. wurde durch Congreßacte vom 26. Januar 1837 als Staat M. in die Union aufgenommen; 1850 gab es sich eine neue (noch jetzt giltige) Verfassung, u. seitdem hat der Staat in Beziehung auf Bevölkerung, materielles u. geistiges Wohl sich rasch entwickelt. Vgl. Hist. and scientific sketches of M., Detroit 1834; Laman, History of M., New York 1839; Hist. of M., ebd. 1842.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 238-240.
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