Tonsur

[681] Tonsur (v. lat.), 1) das Abschneiden der Haare in einer bestimmten Form, so die Theseussche T., s.u. Griechenland S. 593; bes. 2) die geschorene Stelle auf dem Scheitel der katholischen Geistlichen u. Mönche. War es in den ersten Jahrhunderten beim Clerus schon Sitte zum Unterschiede von den Laien das Haar kurz zu tragen, so singen die Mönche im 5. Jahrh. an sich dasselbe absonderlich zu scheeren. Im 6. Jahrh. wurde diese Sítte auch beim Weltclerus eingeführt. Jedoch war die Form in den einzelnen Ländern verschieden. a) In der Römischen Kirche bestand die Tonsura S. Petri, angeblich, weil der Apostel Petrus sie zuerst getragen haben soll, od. Corona, weil das ganze Haupt so geschoren wurde, daß nur ein runder Haarkranz stehen blieb. Diese Form fand Eingang in Italien, Spanien, Gallien, England u. allmälig auch in Deutschland. Im 10. Jahrh. veränderte sie sich in eine geschorene Platte auf dem Scheitel, welhe in ihrer Größe sich nach der Stufe der Priesterwürde richtete. b) Bei den Schotten u. Iren wurde die Tonsura S. Jacobi od. T. Simonis Magi eingeführt, indem man nur die Vorderseite des Hauptes schor; dieselbe erhielt sich bis ins 8. Jahrh wo sie der ersteren wich c) In der Orientalischen Kirche kam die Tonsura S. Pauli in Aufnahme, welche in der gänzlichen Abscheerung der Haare bestand. Die jetzige beim Weltclerus übliche Form ist der kleine auf dem Scheitel geschorene Kreis, während bei einzelnen Mönchen, z.B. den Franciscanern, die ursprüngliche römische Form Sitte ist. Die T. ist das Symbol der Dornenkrone Christi, der königlichen Priesterwürde, der Weltverleugnung. 3) Die kirchliche Ceremonie, wobei der Bischof den Candidaten des geistlichen Standes vor Empfang der niederen Weihen an den vier Seiten des Hauptes u. in der Mitte des Scheitels einige Haare abschneidet zum Zeichen ihrer Absonderung von der Welt u. ihren Genüssen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 681.
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