Welt [1]

[87] Welt, 1) (Mundus, Universum, Universitas rerum), der Inbegriff alles dessen, was ist u. geschieht, als Ganzes betrachtet, das Weltall. Das Weltall besteht aus sämmtlichen Fixsternen, den Planeten nebst ihren Trabanten u. den Kometen, u. heißt mit Rücksicht auf die die Abstände u. Bewegungen dieser Weltkörper bestimmende Gesetzmäßigkeit auch das Weltgebäude od. Weltsystem. Die Vorstellungen von der Größe u. dem Bau des Weltgebäudes haben sich mit den Fortschritten der Astronomie wesentlich verändert; während das Alterthum die Erde als den Mittelpunkt desselben betrachtete, hat die neuere Astronomie gelehrt, daß unser ganzes Sonnensystem nur ein sehr kleiner Theil des Fixsternsystems ist, welches in dem unermeßlichen Weltraum ausgebreitet ist. Die philosophische Lehre von der W. heißt Kosmologie (s.d.). In so fern die philosophische Forschung frühzeitig zu der Annahme eines der Gesammtheit der sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungswelt zu Grunde liegenden Systems von Ursachen u. Kräften geführt wurde, welches Gegenstand nicht der sinnlichen Wahrnehmung, sondern der denkenden Erkenntniß sei, unterschied man die sinnliche (Mandus sensibilis) u. die übersinnliche, intelligible W. (Mundus intelligibilis) In der religiösen Betrachtung, welche den Ursprung u. die Einrichtung der W. von Gott ableitet, entsteht dadurch der Gegensatz zwischen der W., als dem Gewordenen, Endlichen, Veränderlichen u. Vergänglichen, u. dem Ungewordenen, Ewigen u. Unveränderlichen, Göttlichen. 2) Im engern Sinne die Erde u. was ihr angehört, daher die Ausdrücke Welttheile (Alte u. Neue Welt, Weltgeschichte, Weltkunde, Reisen um die W., Weltumsegelung etc. 3) (Menschenwelt), die Gesammtheit der vernünftigen Erdbewohner; 4) die Gesellschaftskreise, welche durch Rang, Reichthum u. die daran sich knüpfenden Lebens- u. Umgangsformen von der großen Masse der Menschen sich unterscheiden u. absondern, daher die Ausdrücke große, feine W. (Beau monde, Demi-monde); 5) (biblisch), unter Welt versteht die Heilige Schrift a) das All der Dinge, überhaupt die von Gott geschaffen sind u. von ihm erhalten werden, namentlich aber die Erde mit ihren vernünftigen Bewohnern. In diesem Sinne zeigt der Satan dem Herrn in der Versuchungsgeschichte alle Reiche der Welt (Matth. 4, 8). Johannes berichtet von dem Wort, durch welches die W. gemacht worden ist (Joh. 1,10), er nennt Christum das Lamm, welches die Sünde der W. trägt (Joh. 1, 29), Gott hat die W. geliebt durch die Sendung Jesu (Joh. 3, 16), er hat die W. durch Christum mit sich versöhnt (2. Cor. 5, 19). Dagegen wird aber auch mit dem Worte W. b) alles Irdische, Sichtbare u. Sinnliche bezeichnet, bes. auch die Güter u. Reize des Lebens. In diesem Sinne sagt Christus: Mein Reich ist nicht von dieser W. (Joh. 18, 36) u. Johannes: Habt nicht lieb die W. (1. Joh. 2, 15 u. 16) etc. Ferner faßt die Schrift mit dem Worte W. c) alle Juden u. Heiden zusammen, insofern sie, als ungläubig u. fleischlich gesinnt, dem Christenthum u. den damit verbundenen Heilsanstalten widerstreben. So spricht z.B. Christus von den Kindern der W., die klüger sind als die Kinder; des Lichts (Luc. 16, 8), er redet von dem Fürsten der W. (Joh. 14, 30 u. 31), von dem Haß der W. (Joh. 15, 18–20), von der Angst in der W. (Joh. 16, 33), u. Johannes von der Besiegung der W. (1. Joh. 5, 4) etc. Endlich spricht auch die Bibel von der Zukunft der W. u. zwar von ihrem Voralten u. ihrer Verwandlung (Ps. 102, 27 ff) u. von der Erschaffung eines neuen Himmels u. einer neuen Erde (Jesaias 65, 17 u. 18). Diese Vorstellung hängt aufs Genauste mit der ganzen messianischen Anschauung zusammen u. wird in der Dogmatik bei der Lehre von der Wiederbringung aller Dinge behandelt. Vgl. Jüngster Tag. Über die Lehre von der besten W., welche bes. Leibnitz, Töllner, Creuzer u. A. in besondern Schriften behandelten, gibt die Heilige Schrift keinen bestimmten Aufschluß.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 87.
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