Varianten

[363] Varianten (Variae lectiones), in alten Schriftstellern die von einander abweichenden Lesarten in verschiedenen Handschriften; hierher werden gerechnet: a) alle Fehler der Abschreiber, welche entweder aus Versehen, od. aus Nachlässigkeit, od. weil sie das Dictirte nicht richtig verstanden, od. weil sie das, bes. mit Abkürzungen Geschriebene nicht ordentlich lesen konnten; b) bei Citationen der Worte eines anderen Schriftstellers, wo bisweilen Wörter od. ganze Sätze fehlen, das Citirte in anderer Ordnung erscheint, od. gleichbedeutende Wörter verwechselt sind, also mehr nach dem Sinn, als nach den Worten citirt ist; c) Anmerkungen, Erweiterungen, Erklärungen, welche der Besitzer einer Handschrift an den Rand geschrieben hatte, u. welche dann nicht selten von unkundigen Abschreibern mit in den Text gesetzt wurden, vgl. Glosse 1); d) Änderungen, welche sich Abschreiber od. Besitzer von Handschriften nach ihren Ansichten erlaubten, bes. im N. T. von dem Parteigeiste eingegeben, welcher gern seine Ansicht in der Schrift finden wollte; e) Änderungen, Correcturen, Zusätze, Kürzungen, welche der Verfasser seiner Schrift bei einer Überarbeitung vornahm, s. Recension 4). Die V. einer Schrift zusammengenommen, nennt man den Kritischen Apparat; die V. zu würdigen u. aus ihnen die richtige Lesart herauszufinden, ist Sache der Kritik (s.d.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 363.
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