Giebichenstein

Wer kommt nach Giebichenstein, der kommt selten wieder heim.Pistor., VI, 35; Körte, 2166; Körte2, 2663; Wurzbach II, 54; Simrock, 3105.

Dies uralte ehemalige Bergschloss, auf einem steilen Felsen an der Saale neben dem jetzigen Dorfe gleichen Namens (Kreis Halle, Regierungsbezirk Merseburg) gelegen, war ein Staatsgefängniss, und zwar meist auf Lebenszeit, in welchem Umstande das obige Sprichwort seine Erklärung findet. Von hier aus soll der Landgraf Ludwig H. von Thüringen, der vom Kaiser Heinrich IV. gefangen gesetzt war, im Jahre 1079 den bekannten Sprung in die Saale gemacht, sich so der kaiserlichen Haft entzogen und dadurch den Beinamen der »Springer« erworben haben. Der Sprung ist nach der Lage des Giebichensteins in die Saale aber unmöglich, da die Saale zu entfernt davon fliesst. Die meisten Geschichtschreiber erklären daher den Sprung für ein Märchen, das aus dem Beinamen Salicus, der Springer, der aber ebenso wol der Salier, aus welcher Familie Ludwig stammte, bedeuten kann, entstanden sein möge. Vielleicht hat Ludwig seinen Zeitgenossen diese Art der Flucht auch angegeben, um seine Wächter zu schonen, mit deren Hülfe er wahrscheinlich entkommen war. (Vgl. den Artikel Ludwig in Pierer's Universal-Lexikon.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867, Sp. 1686.
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