[1] Aachen, die Hauptstadt des nach ihr genannten Regierungsbezirks der preuß. Provinz Niederrhein, ist eine der ältesten und geschichtlich merkwürdigsten Städte Deutschlands.
Schon sehr früh kannten die Römer die warmen Quellen in dieser Gegend und legten daselbst ein Kastell an, auf dessen Trümmern die fränkischen Könige eine Burg oder Pfalz erbauten, in der Karl der Große 742 geboren sein soll. Durch ihn ward später diese Burg vielfach verschönert; auch ließ er die Bäder herstellen, von denen das bedeutendste in der Stadt noch jetzt den Namen Kaiserbad führt, und zu Ehren der heiligen Jungfrau von 796–804 durch italien. Meister aus Marmor von Rom und Ravenna das Münster erbauen. Dieses prachtvolle, an Gold- und Silberschmuck reiche Gebäude umschließt auch das Grab Karl's des Großen, welcher im Alter gern in A. sich aufhielt und daselbst 814 starb. Über seinem einfachen Grabmale hängt ein großer Leuchter in Form einer Krone, welchen Kaiser Friedrich I. dahin schenkte. Im Hochmünster steht der marmorne Kaiserstuhl, auf welchem die römisch-deutschen Kaiser und Kaiserinnen bis 1558 gekrönt wurden. Die zu dieser Feierlichkeit gebrauchten Insignien (Reichskleinodien) wurden später auch hier aufbewahrt und jedesmal mit vielen Feierlichkeiten nach Frankfurt und von da zurückgebracht, bis sie 1795 in der kaiserl. Schatzkammer in Wien niedergelegt wurden. Außer mehren Kostbarkeiten sind in der Sakristei verschiedene Reliquien aufbewahrt, die alle sieben Jahre, zuletzt 1832, zur Beschauung ausgestellt werden. Als A. 1794 von den Franzosen besetzt worden, wurden mehre Säulen des Münsters und andere Kostbarkeiten, sowie die sogenannten Wahrzeichen der Stadt, die Wölfin und der Kieferzapfen von Bronze, welche vor dem Haupteingange des Münsters angebracht sind, nach Paris geschafft, kamen aber, bis auf einige Säulen, 1815 wieder zurück. Ein nicht minder merkwürdiges Gebäude ist das hier abgebildete Rathhaus, wozu im 14. Jahrh. die kön. Pfalz eingerichtet wurde. Die alterthümliche Form desselben und die großen Erinnerungen, welche sich daran knüpfen, geben dem Ganzen etwas Ehrwürdiges. In den hohen, gewölbten Sälen findet der Freund deutschen Alterhums interessante Kunstwerke. Dem Rathhause gegenüber auf dem Markte ist der Brunnen mit dem ehernen Bilde Karl's des Großen. A. besaß früher, als freie Reichs-und Krönungsstadt, große Vorrechte. Die aachner Luft machte die Verbrecher, sogar die der Reichsacht Verfallenen frei. Die Bürgerschaft war im ganzen deutschen Reiche von Hand- und Kriegsdiensten, Arresten, Pfändungen, Zoll und andern Abgaben befreit. Die Stadt hatte das Recht, Störer des Reichsfriedens in die Acht zu erklären, welche im ganzen Reiche gültig war; zudem hatte sie Meßrecht, Stapelrecht für Wollenwaaren und Münzrecht. So war A. eine der wohlhabendsten und gewerbfleißigsten Städte, bis Spinola, der Anführer des span. Heeres, 1514 gegen die daselbst ruhig lebenden Protestanten wüthete, worauf die begütertsten Bürger auf das holländ. Gebiet auswanderten. Gegenwärtig zählt die Stadt gegen 37,700 Einw., zeichnet sich durch Gewerbfleiß aus und hat vorzügliche Tuch-, Kasimir-, Messing-, Wagen-, Näh- und Stecknadelfabriken. Ihre warmen Schwefelbäder, von denen die Kaiserquelle 45° Wärme hält, sowie die mineralischen Quellen in dem nahen Flecken Burtscheid werden noch immer häufig besucht. – In der politischen Geschichte ist A. merkwürdig durch den am 2. Mai 1668 zwischen Frankreich und Spanien, und den am 18. Okt. 1748 zwischen Frankreich, England und den vereinten Niederlanden geschlossenen Frieden, sowie durch den 1818 daselbst gehaltenen Congreß.