Abführende Mittel

[7] Abführende Mittel heißen diejenigen Arzneien, welche durch Vermehrung der absondernden Thätigkeit und Beschleunigung der sogenannten wurmförmigen Bewegungen des Darmkanals vermehrte Ausleerungen bewirken. Es gibt mildere und stärkere oder sogenannte kühlende und erhitzende; zu den ersteren gehören die säuerlich süßen, wie Manna, Tamarinden u.s.w., und die salzigen, z.B. Bittersalz, Glaubersalz, Doppelsalz; zu den letztern die Aloe, Jalappe, das Gummigutt u.s.w. Als vorzüglich wirksam [7] zur Abführung schädlicher Stoffe aus dem Körper und zur Ableitung der Säftemasse nach den Gedärmen wurden sie schon vor Jahrtausenden von den Ärzten zur Beseitigung krankhafter Zustande benutzt. Noch heutiges Tages bedient man sich ihrer mit Erfolge bei hartnäckiger Leibesverstopfung, Trägheit des Blutumlaufes im Unterleibe, Aufschwellungen der Baucheingeweide, zur Austreibung von Würmern u.s.w. Häufig aber werden sie auch sowol durch Ärzte, wie durch Quacksalber und sogenannte kluge Leute gemisbraucht Das Vorurtheil, nach welchem gesunde Kinder alle Vierteljahre oder gar alle Monate mit dem Wiener-Tränkchen gequält werden, um angeblich vorhandene Unreinigkeiten fortzuschaffen, ist hier und da noch allgemein verbreitet, und nur zu bewundern, daß nicht dadurch noch größerer Schaden angerichtet wird, da diese Mittel ihre Wirksamkeit nicht blos auf die Reizung des Darmkanales beschränken, sondern auf fast alle Vorgänge im Körper Einfluß äußern. Deshalb sind sie auch von Denen nicht zu gebrauchen, welche an großer Empfindlichkeit und Reizbarkeit leiden, und noch weit weniger bei Entzündung der Gedärme, allgemeiner Schwäche und Neigung zum Durchfall. Übrigens dürfen bei ihrer Anwendung auch Lebensalter, körperliche Constitution, Temperament und selbst der Einfluß des Klimas nicht unberücksichtigt bleiben. Greise vertragen sie in der Regel besser als kleine Kinder, zu Verschleimungen geneigte Leute besser als solche, die an Blutungen leiden, und die Bewohner feuchter Länder unter übrigens gleichen Umständen eher als die trockener und warmer Gegenden.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 7-8.
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