[202] Bautzen, im Wendischen und bei amtlichen Gelegenheiten Budissin genannt, Hauptstadt der sächs. Oberlausitz, liegt mit dem kön. Schlosse Ortenburg auf einem westl. steil abfallenden Granitfelsen, dessen Fuß die Spree bespült. B. hat 7200 der Mehrzahl nach protestantische Einw., darunter viele Wenden, für die in wendischer Sprache besonderer Gottesdienst gehalten wird, und ist Sitz der Oberamtsregierung, Provinzial-, Verwaltungs- und Justizbehörden der Oberlausitz, eines katholischen Domstifts zu St.-Petri, das aber einen evangelischen Dompropst hat. Die deutsche katholische Gemeinde hält ihren Gottesdienst in dem blos durch ein Gitter getrennten Theile der protestantischen Hauptkirche. Auch das dasige Gymnasium und Schullehrerseminar werden von protestantischen und katholischen Glaubensgenossen in friedlicher Gemeinschaft benutzt. Zu den vorzüglichern [202] Gebäuden gehören noch die beiden Landhäuser, wo sich die Provinzialstände versammeln, und das Rathhaus; auch gibt es daselbst ein Theater. Der Gewerbfleiß der Bevölkerung liefert vornehmlich Tuch, Barchent, Leinwand, Leder, wollene und baumwollene Waaren und der Handel mit diesen Artikeln, sowie mit Wolle und Getreide ist ansehnlich; auch hat B. einen Kupferhammer und eine ausgezeichnete Papiermühle. Als Kaiser Heinrich I. 931 die Markgrafschaft Lausitz errichtete, war B. schon ein ansehnlicher Ort, trieb schon im 13. Jahrh. beträchtlichen Handel, wurde Stadt und Festung und hob sich immer mehr als Hauptstadt der Provinz, litt aber beträchtlich im 15. Jahrh. durch die Hussiten und dann im dreißigjährigen Kriege. Durch die am 20. und 21. Mai 1813 von Napoleon den verbündeten Preußen und Russen bei B. gelieferte Schlacht, welche nach dem Hauptquartiere der Verbündeten, dem Dorfe Wurschen, auch bei Bautzen und Wurschen heißt, litt die Stadt wenig, desto mehr aber die Umgegend.
Die Verbündeten hätten nach der am 2. Mai geschlagenen unglücklichen Schlacht bei Großgörschen und Lützen sich über Meißen und Dresden in die Oberlausitz zurückgezogen und bei B. hinter der Spree auf dem sich gegen das aus dem siebenjährigen Kriege berühmten Dorfe Hochkirch langsam erhebenden Terrain, am 14. Mai eine von Natur schon feste, durch Verschanzungen verstärkte Stellung bezogen, wo sich nach Eintreffen mehrer Reservetruppen 68,000 Russen und 28,000 Preußen vereinigten. Diese hatten am 20. Mai, nachdem Tags zuvor die Generale Barclay de Tolly und York bei Königswarthe und Weißig ein hartnäckiges Gefecht mit den Franzosen unter den Marschällen Ney und Lauriston bestanden, eine Linie besetzt, die eine Meile lang war. Ihr linker Flügel, die Russen unter Miloradowitsch, lehnte sich oberhalb B.'s an Berge und Schluchten, die Stadt war verpallisadirt und mit acht Bataillonen besetzt; rechts von ihr stand bei Burk ein Corps Preußen und Russen unter dem General Kleist; das Centrum bildete an den kleinbautzner und kreckwitzer Bergen das Corps des Generals Blücher, und den rechten Flügel, an den Windmühlenberg bei Gleina gelehnt, Barclay de Tolly. Mehre vorliegende Dörfer, sowie die steilen Spreeufer waren von besondern Abtheilungen besetzt. Im zweiten Treffen commandirten die Generale Gotschakoff und York; die russ. Reserven formirten das dritte; commandirender General unter den verbündeten Monarchen war Graf Wittgenstein.
Napoleon traf am 18. Mai bei seinem Heere ein, das auf 150,000 M. geschätzt wurde und griff am 20. gegen Mittag die Verbündeten mit seinem rechten, vom Marschall Soult befehligten Flügel an. Die Franzosen bemächtigten sich der tapfer vertheidigten steinernen Brücke bei B. und schlugen oberhalb derselben im stärksten Kanonenfeuer vier Schiffbrücken. Ein Haufe kühner Voltigeurs erkletterte die steilste Seite des Berges, auf dem die Stadt liegt, welche gegen Abend eingenommen wurde, und obgleich sich General Kleist bis 1/2 9 Uhr auf den Höhen von Burk hielt, mußte er sie doch nun verlassen, um nicht überflügelt zu werden, und sich hinter die Verschanzungen von Litter zurückziehen; Napoleon aber übernachtete in B. und war nun Herr des Spreethales. Die Verbündeten erwarteten am 21. den erneuten Angriff in folgender Stellung. Der linke Flügel, die Corps der Generale Miloradowitsch, Gotschakoff und das Detaschement des Generals Emanuel zog sich von den Höhen bei Mehltheuer über Jenkwitz und Baschütz gegen Litter, das Centrum unter Blücher behielt die gestrige Stellung; von Litter nach Baschütz zu standen York und Kleist, da sie aber zu schwach waren, den Raum bis zum rechten Flügel auszufüllen, der ebenfalls, sowie die Reserve, die alte Position inne hatte, so wurde die russ. Reserveartillerie mit dazu verwendet. Die ganze Linie war übrigens durch Verschanzungen gedeckt; rechts und links von Baschütz waren vier Brustwehren, jede mit 20–30 Kanonen, eine große Schanze auf dem äußersten linken Flügel aber mit 50 Kanonen besetzt. Um sechs Uhr früh begann der Kampf von Neuem. Während das eine halbe Stunde hinter B. bei Nadelwitz aufgestellte franz. Centrum eine lebhafte Kanonade unterhielt, griff der rechte Flügel die Höhen und Dörfer des feindlichen linken an und der Marschall Ney drang gegen Gleina und Baruth auf dem rechten vor. Marschall Soult ließ die wichtigen Höhen bei Kreckwitz und Kleinbautzen, den Schlüssel der Stellung der Verbündeten, trotz der heftigsten Gegenwehr mit dem Bayonnet nehmen und so sah sich das rechts überflügelte Heer der Verbündeten nach neunstündigem, blutigem Kampfe auf einer Linie von mehren Stunden, bei dem an 30 Dörfer in Feuer aufgingen, zum Rückzug genöthigt, der in musterhafter Ordnung nach der Oder hin erfolgte, ohne daß Geschütz oder Gefangene verloren wurden, da Napoleon aus Mangel an Reiterei seine Vortheile nicht verfolgen konnte. Der Verlust der Franzosen soll 8000 Todte und noch mehr Verwundete, der der Verbündeten 8000 Todte und Verwundete betragen haben. Beide Theile bedurften nach dem in zwei Hauptschlachten erlittenen Verluste einiger Zeit zur Erholung und der anfangs Jun. eingegangene mehrwöchentliche Waffenstillstand kann daher für eine Folge derselben gelten.