[433] Circus war bei den alten Römern der Name für dachlose, sehr lange und geräumige Gebäude, welche große mit Sand bestreute Plätze umschlossen, auf welchen die zur Verherrlichung der Götter veranstalteten öffentlichen Spiele gehalten wurden, welche davon circensische Spiele hießen und die vom Volke so leidenschaftlich geliebt wurden, daß man sprüchwörtlich »Brot und circensische Spiele« (panem et circenses) als seine unentbehrlichsten Bedürfnisse bezeichnete. Schon von Romulus, dem Erbauer Roms, wurden sie dem Neptun zu Ehren gefeiert, und in spätern Zeiten, namentlich unter den röm. Kaisern, wurden sie die Quelle der grenzenlosesten Verschwendung. Ein Circus bestand aus zwei parallelen langen, an dem einen Ende bogenförmig, am andern gradlinig verbundenen Seiten, die nach innen wie die Amphitheater (s.d.) mit Sitzen für die Zuschauer versehen waren. Den davon umschlossenen Raum theilte eine vier F. hohe, mit Statuen; kleinen Tempeln und Altären gezierte Mauer in zwei Hälften, welche oft ein breiter und tiefer Wassergraben von den Zuschauern schied; an den Außenseiten eines Circus aber befanden sich Galerien, Kramläden und Säulengänge. Das älteste und größte unter den elf Gebäuden dieser Art in Rom war der deshalb sogenannte circus maximus, der eine Länge von mehr als 9000 F. und über 2000 F. Breite, sowie Raum für mehr als 300,000 Zuschauer gehabt haben soll, von dem aber nur wenige Überreste vorhanden sind. Hier wurden gewöhnlich einmal jährlich, zuweilen aber auch öfter die berühmtesten öffentlichen Spiele gehalten und mit einem prächtigen Aufzug eröffnet, der vom Capitolium ausging und bei dem die geschmückten Götterbilder vorangetragen und auf mit Löwen, Tigern u.a. wilden Thieren bespannten Wagen gefahren wurden. Dann folgten von Knaben geführte Rosse, ein Theil der vornehmen röm. Jünglinge, zu Fuß und zu Pferde, die zum Wettlauf und Wettfahren bestimmten Wagen und Rosse, Fechter, Ringer, Läufer, tanzende Männer und Jünglinge, ein Hause als Satyrn und Silene verkleideter Personen, hinter ihnen aber die Opferpriester, an die sich alle übrigen Priester und die vestalischen Jungfrauen anschlossen. War der Zug im Circus angelangt und hatte einigemal darin die Runde gemacht, so wurde geopfert, und wenn die Zuschauer darauf die Sitze eingenommen, begannen die Spiele. Diese bestanden: in [433] Wettrennen mit zwei- und vierspännigen leichten Wagen auf niedrigen Rädern; in Ringen, Fechten, Werfen, Laufen u.a. Leibesübungen; in Kampfspielen zu Fuß und zu Pferde; in Thiergefechten, wo entweder Thiere unter sich oder mit Verbrechern und Freiwilligen kämpften; und in Naumachien oder Nachahmung von Seegefechten, zu denen der Circus unter Wasser gesetzt werden konnte, in spätern Zeiten aber besondere Gebäude eingerichtet wurden.