Corsica

[478] Corsĭca, eine südöstl. von der franz., westl. von der toscan. Küste im mittelländ. Meere gelegene, durch die zwei Meilen breite Meerenge S.-Bonifacio von der Insel Sardinien getrennte, 178 ! M. große Insel mit 186,000 Einw., die ein Departement des Königreichs Frankreich bildet. Von N. nach S. durchzieht dieselbe ein starkbewaldetes Granitgebirge, welches in der Mitte in den Bergen Monte Rotondo und Monte d'oro über 8000 F. sich erhebt und durch nach O. und W. zahlreich sich erstreckende Seitenäste eine Menge Thäler bildet, auch die Quellen vieler Flüsse enthält, unter denen der Golo der bedeutendste und schiffbar ist, die meisten aber im Sommer beinahe vertrocknen, dagegen im Frühjahr und Herbst oft große Verheerungen anrichten. An der besonders gebirgigen Westküste hat das Meer viele Busen ausgespült, während die flachere Ostküste nur zwei große Buchten aufzuweisen hat. Das Klima ist blos im hohen Gebirge rauh, sonst mild und angenehm und bis auf einige Sumpfgegenden der östl. Seite gesund. Die Laub- und Nadelholzwälder der an Mineralien, besonders gutem Eisen reichen Gebirge liefern gutes Schiffbauholz und auf dem höchst fruchtbaren Boden der Thäler und der flachen östl. Gestade wachsen Weizen, Gerste und Mais, hinreichend für den Bedarf, Flachs und Baumwolle, Weine, dem Malaga und Burgunder an Güte gleich, und treffliche Südfrüchte bei sehr geringer Pflege. Von Hausthieren findet sich ein kleiner Schlag von Pferden, Eseln und Mauleseln, großes, aber mageres Rindvieh, eine grobwollige Art von Schafen; in den Wäldern und Gebirgen gibt es Damhirsche und Mufflons oder wilde Schafe; zu Porto vecchio sind reiche Salinen, an andern Orten treffliche Mineralquellen. Die Einwohner sind meist ital. Abkunft und katholisch, tapfer, freiheitsliebend, aber im Innern der Insel auch noch sehr roh, daher der Rachsucht und Kampflust ergeben, welche oft einzelne Familien in offener Fehde unter sich befriedigen, und Blutrache (s.d.) herrschte hier noch vor nicht langer Zeit. Die Ausbildung vielseitiger Anlagen der Corsen verhindert theils ihre Trägheit, theils der Mangel angemessener Bildungsanstalten; Viehzucht, Bienenzucht und Fischfang sind ihre Hauptbeschäftigungen, Ackerbau wird nachlässig betrieben, Industrie ist ziemlich unbekannt und der Handel ist meist in den Händen franz. Kaufleute, welche die Landesproducte in den Häfen und größern Städten aufkaufen und ausführen; sie arbeiten nur so viel als nöthig ist, um ihre bei großer Genügsamkeit geringen Bedürfnisse zu befriedigen, sind Freunde von Musik und Dichtkunst und höchst gastfrei gegen Fremde. Die Hauptstadt der Insel ist das als Napoleon's Geburtsort merkwürdige Ajaccio (s.d.); andere wichtige und zum Theil befestigte Orte sind Bastia mit einem Hafen und 16,000 Einw., Calvi und San-Bonifacio.

Im Alterthume bemächtigten sich die Karthager C.'s wegen seiner Wichtigkeit für den Handel, verloren es 238 v. Chr. an die Römer, welche Colonien daselbst gründeten, die durch Handel bald sehr emporblühten; allein schon damals standen die Corsen wegen ihres Charakters nicht im besten Rufe und die Römer verschmähten corsische Sklaven wegen ihrer Trägheit, Bosheit und Unreinlichkeit, und die Verbannung nach C. galt in Rom für eine sehr harte Strafe. Seit dem 5. Jahrh. setzten sich Vandalen, Griechen, Gothen, Longobarden, Franken und Sarazenen abwechselnd in C. fest und im 11. Jahrh. wurden die Letztern von den Pisanern vertrieben, welche die Insel 1300 an Genua abtraten. Allein nur mit Widerwillen ertrugen die Corsen die drückende genues. Herrschaft und griffen im J. 1729 gegen dieselben zu den Waffen. Kaum war dieser Aufstand mit Hülfe kais. Truppen unterdrückt, als er 1736 von Neuem ausbrach, wo ein deutscher Baron, Theodor von Neuhof (s.d.), zum König von C. ernannt wurde. Diesmal riefen die Genueser die Franzosen zu Hülfe, denen Neuhof weichen mußte und die Insel verließ, wo die Franzosen die Ruhe wiederherstellten. Nach ihrem Abzuge wiederholten sich aber die Aufstände fortwährend und seit 1755, wo der cors. Senat Pasquale Paoli (s.d.) zum General ernannte, waren die Genueser gegen diesen so unglücklich, daß sie 1768 die Insel an Frankreich abtraten. Paoli hoffte auf brit. Hülfe und setzte anfangs gegen Frankreich den Krieg mit Glück fort, mußte aber 1769, in seiner Hoffnung getäuscht, der franz. Übermacht weichen und nun unterwarf sich den Franzosen ganz C., ward in der franz. Revolution ein besonderes Departement und sandte seine Deputirten zum Convente. Paoli kehrte zwar 1794 zurück, erregte einen neuen Aufstand, eroberte mit Hülfe der Engländer mehre feste Plätze und am 18. Jun. unterwarf sich sogar die Bevölkerung England, das ihr eine der engl. nachgebildete Verfassung, ein besonderes Parlament und einen Vicekönig gab. Abneigung der Corsen aber, Bildung einer neuen franz. Partei und die Vertreibung der Engländer aus Livorno durch die Franzosen bestimmte die Erstern, C. 1796 wieder zu räumen, das seitdem bei Frankreich geblieben ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 478.
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