[616] Eberhard im Bart, erster Herzog von Würtemberg, geb. 1445, der jüngere Sohn von Graf Ludwig I. von Würtemberg, der zu Urach residirte und mit seinem in Stuttgart wohnenden Bruder, Ulrich dem Vielgeliebten, 1437 in die würtemberg. Lande sich getheilt hatte. Durch das frühe Ableben des Grafen Ludwig und seines ältesten Sohnes fielen die väterlichen Besitzungen dem 10 Jahre alten E. zu, der unter Vormundschaft seines Oheims Ulrich zügellos und fast ohne allen Unterricht heranwuchs und als 14jähriger Jüngling die Regierung gewaltsam an sich riß, dann aber sie Günstlingen überließ und in Saus und Braus fortlebte, bis er plötzlich zur Erkenntniß seiner Pflicht kam und noch ein Muster aller Fürsten seiner Zeit wurde. Seine Sinnesänderung erfolgte hauptsächlich in Folge einer 1468 nach Palästina unternommenen Reise und ward durch seine Vermählung (1473) mit der trefflichen Prinzessin Barbara von Mantua befestigt. Im Mannsalter suchte er noch die in der Jugend versäumte Bildung nachzuholen und ward eifriger Beschützer der Wissenschaften. Den Nachtheil der Ländertheilungen erkennend, vereinigte er mittels einer Reihe von Verträgen mit seinem Vetter Eberhard in Stuttgart die würtemberg. Lande zu einem für immer untheilbaren Besitzthume und ließ die Aufrechthaltung derselben nicht nur von Kaiser und Reich verbürgen, sondern übertrug dieselbe noch besonders den drei Ständen der Prälaten, der Ritterschaft und Landschaft. Er räumte diesen zugleich die unumschränkte Gewalt begrenzende Rechte ein und ward dadurch Stifter der ständischen Verfassung Würtembergs. Für höhere Geistesbildung sorgte er insbesondere durch Stiftung der Universität Tübingen (1477), steuerte nachdrücklich den in den Klöstern eingerissenen Unordnungen und war so von seinem Volke angebetet, daß es von ihm sagte: »wenn der himmlische Vater sterbe, könne ihn nur Vater E. ersetzen«; da hatte dieser denn freilich Grund, sich laut zu rühmen, daß er im Schoose jedes seiner Unterthanen sicher aufgehoben sei. Aber auch um Kaiser und Reich erwarb sich E. durch Aufrechthaltung der Ordnung in einem großen Theile Deutschlands als Hauptmann des schwäb. Bundes, durch guten Rath und treue Erfüllung der Pflichten als Reichsstand solche Verdienste, daß ihn Kaiser Maximilian I. im J. 1495 auf dem wormser Reichstage aus eignem Antriebe zum Herzog und die unter ihm vereinigten würtemberg. Lande am rechten Rheinufer zum erblichen Herzogthum erhob, und ihn noch mehre Jahre nach seinem im Febr. 1496 ohne Erben erfolgten Tode an seinem Grabe mit dem Bekenntnisse ehrte: da ruhe ein Fürst, klug und bieder wie keiner im Reiche, dessen Rath ihm oft genützt habe. Eine ausführliche Lebensbeschreibung dieses denkwürdigen Fürsten hat Pfister »Eberhard im Bart, erster Herzog von Würtemberg« (Tübing. 1822) geliefert.