[388] Hieronymus von Prag war der kühne, gelehrte und treue Gehülfe Huß's bei dem Reformationsversuche, welcher beiden Männern das Leben kostete, aber die Reformation Luther's vorbereitete. H. hieß eigentlich Faulfisch und hatte zu Prag, wo er geboren, zu Paris, Köln und Heidelberg studirt, als er 1399 Magister der freien Künste und Baccalaureus der Theologie wurde. Seine Gelehrsamkeit brachte ihn in Ruf und daher zog ihn 1410 Wladislaw II. bei Stiftung der krakauer Universität zu Rathe. Schon früher hatte er auf einer Reise in England die Lehre Wiclef's (s.d.) kennen gelernt, und als er vor König Sigismund von Ungarn zu Ofen predigte, brachte er Wiclef'sche Ansichten vor, worauf er zu Wien eingezogen, auf Verwenden der prager Universität aber bald wieder losgegeben wurde. Hierauf trat er nun zu Prag mit Huß gegen die Misbräuche der katholischen Kirche mit einer Begeisterung auf, welche ihn zu dem kühnsten, oft zu einem allzu weit gehenden Eifer hinriß. Er trat die Reliquien, denen man göttliche Verehrung zollte, mit Füßen, verbrannte 1411 öffentlich die päpstl. Ablaßbriefe und die Kreuzbulle wider König Ladislaw von Neapel, ließ Mönche, welche seinen Verbesserungen Wider, stand leisteten, einziehen und einen sogar in die Moldau werfen. Als Huß (s.d.) zu Konstanz gefangen gesetzt worden war, eilte H. zu seiner Vertheidigung. Er suchte von Überlingen aus bei der Kirchenversammlung, welche zu Konstanz abgehalten wurde, um freies Geleit nach, erhielt aber keine befriedigende Antwort und wollte nun nach Prag zurückkehren, als ihn der Herzog von Sulzbach in Hirsau festnehmen und gefesselt nach Konstanz bringen ließ. Im Kerker erfuhr er das unglückliche Schicksal seines Mitkämpfers für die Sache der Wahrheit, und erschreckt durch dasselbe, ermattet durch ein halbjähriges schweres Gefängniß, beging er die Schwachheit, Alles, was man ihm als seine und Huß's Ketzereien vorwarf, zu widerrufen. Dennoch behielt man ihn in der Gefangenschaft und bald ermannte sich sein Geist wieder, er sprach vor Denen, die sich ihm zu Richtern aufgeworfen, muthig aus, daß er seinen Widerruf zurücknehme, der die größte seiner Sünden sei und daß er fest an der Überzeugung hange, die er und Huß ausgesprochen hätten. Vier Tage darauf, am 30. Mai 1416, ließ ihn die Kirchenversammlung verbrennen. Er bestieg unter Absingung des apostolischen Glaubensbekenntnisses und geistlicher Lieder getrosten [388] Muthes den Scheiterhaufen und verschied unter lautem Gebet. Seine Asche ward in den Rhein gestreut.