Iphigenia

[455] Iphigenīa hieß die Tochter des Königs Agamemnon, welcher die Griechen gegen Troja führte, und der Klytämnestra, und sollte zu Aulis, wo die Griechen durch eine Windstille von der Überfahrt nach Asien zurückgehalten wurden, der dem Agamemnon zürnenden Diana geopfert werden. Um ihre Auslieferung von der Mutter zu erlangen, hatte man vorgegeben, sie solle dem Achilles vermählt werden. Schon stand die schöne Jungfrau an dem Altare, schon zückte der Opferpriester das Messer nach ihrer Brust, stieß und traf – eine Hindin, deren Blut sich auf den Altar ergoß. Diana hatte sich der Jungfrau erbarmt und sie in einer Wolke nach Tauris entführt in ihr Heiligthum. Hier mußte sie der Göttin als Priesterin dienen und ein blutiges Gesetz befahl, daß sie jeden anlandenden Fremden der Diana opfern mußte. Orestes, der I. unglücklicher Bruder, welcher den Mord des Vaters an der ehebrecherischen Mutter blutig gerächt hatte, kam, getrieben von den ihn als Muttermörder verfolgenden Furien, nach Tauris, um in Begleitung seines Freundes Pylades zu seiner Sühnung, einem Orakel gemäß, das Bild der Diana zu entwenden. Aber er wurde ergriffen und in den Tempel geschleppt, um von I. geopfert zu werden. Diese aber erkannte den Bruder und stand ihm nun selbst beim Raube der Statue Diana's bei, mit welcher sie nach Griechenland entflohen. Auf der Insel Leuke soll I. unsterbliche Jugend erhalten haben und, als Orilochia vergöttert, auch noch dem Schatten des Achill vermählt worden sein. Goethe hat I. zum Gegenstande eines herrlichen Dramas genommen und Gluck zwei berühmte, ihren Namen tragende Opern componirt.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 455.
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