Laokoon

Laokoon

[699] Laokoon war nach der griech. Sage ein Priester der Trojaner, welcher die Kriegslist, durch welche sich die Griechen in den Besitz der lange vergeblich belagerten Stadt Troja (s.d.) setzten, durchschaute, und um seine verblendeten Mitbürger von dem Inhalte des riesigen Rosses zu überzeugen, welches sie nach der Stadt zogen, mit der Lanze nach demselben stach, daß man die ehernen Rüstungen der Griechen, welche inwendig in dem Rosse steckten, klirren hörte.

Doch die Trojaner, dem über sie verhängten Unglück geweiht, glaubten dem Priester nicht und dieser hatte noch durch seine That den Zorn der Minerva auf sich geladen, welche die Griechen beschützte. Als daher L. am Meeresstrande dem Neptun einen Stier opfern wollte, entstiegen, gesandt von der Göttin, zwei ungeheure Schlangen dem Meere. Sie umschlangen die beiden Söhne des L. und dann auch den zu Hülfe eilenden Vater, und nachdem sie alle Drei erwürgt hatten, eilten sie nach dem Tempel der Minerva und verbargen sich unter dem Schilde, welches die Bildsäule derselben hielt. – Eines der herrlichsten Meisterwerke der Bildhauerkunst, den Vater mit den beiden Söhnen umwunden von den Schlangen darstellend, ist uns aus dem Alterthume erhalten. Diese umstehend abgebildete berühmte Gruppe des Laokoon wurde 1508 beim Nachgraben in einem Weingarten bei Sette-Sala in Rom aufgefunden, war aber schon im Alterthume ihrer Schönheit wegen berühmt. Von dem ganzen aus sechs Marmorblöcken zusammengesetzten Werke hat man nur den rechten Arm des L. nicht wieder auffinden können und denselben daher ergänzt. Sie stand dann im Belvedere, bis sie von den Franzosen nach Paris entführt wurde, von wo sie 1814 an ihre frühere Stelle wieder zurückkehrte. Über die Zeit, in welcher dieses Kunstwerk gearbeitet wurde, ist man noch nicht im Klaren, doch ist wahrscheinlich, daß es etwa aus der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. stammt. Anordnung, Wahrheit des Ausdrucks und Ausführung sind bei diesem Meisterwerke [699] gleich sehr zu bewundern. Als Verfertiger desselben werden die drei rhodischen Bildhauer Agesander, Polydorus und Athenodorus genannt, von welchen die beiden Letzten wahrscheinlich Söhne des Ersten waren.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 699-700.
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