Ludwig Philipp

Ludwig Philipp

[778] Ludwig Philipp, regierender König der Franzosen, geb. am 6. Oct. 1773, war der Sohn des Herzogs Louis Jos. Phil. von Orleans, welcher so lebhaften Antheil an der franz. Revolution nahm, sich den Titel Egalité geben ließ und 1793 mit der Guillotine enthauptet wurde.

Die durch Tugend ausgezeichnete Gemahlin des sittenlosen Herzogs erzog ihren Sohn auf das trefflichste und gab ihm die vorzüglichsten Führer. Während des Krieges, welchen Frankreich 1792 zu führen hatte, diente L. in der Armee und zeichnete sich besonders bei Valmy, Boussu und Jemappes aus. Nachdem er aber am 4. Apr. 1793 ausgewandert war, wurde er geächtet und ein Preis auf seinen Kopf gesetzt. In Schaffhausen traf er mit seiner Schwester Adelaide und seiner ehemaligen Erzieherin, der Frau von Genlis, zusammen. Er lebte nun in der größten Dürftigkeit und ließ sich im Oct. 1793 am Collegium zu Reichenau bei Chur als Professor der Mathematik und Geschichte anstellen, indem er den Namen Chabos annahm. Acht Monate blieb er in dieser Stellung, welche er mit Ehren ausfüllte. Auf die Nachricht von Robespierre's Untergang lebte er bis 1795 unter dem Namen Corby als Adjutant des Generals Montesquieu, welcher auch sein Vaterland verlassen hatte, zu Bremgarten. Verdrängt von hier, reiste er über Hamburg nach Schweden, Norwegen und Lappland, beschäftigte sich einige Zeit mit astronomischen Beobachtungen auf dem Nordcap und kam endlich über Finnland und Stockholm 1796 wieder nach Hamburg. In demselben Jahre noch begab er sich nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Er kehrte nach Europa zurück, um seine Mutter in Spanien aufzusuchen; da ihm aber der Aufenthalt in diesem Lande verwehrt wurde, so begab er sich im J. 1800 nach England. Nach mehrjährigem Aufenthalte zu Twickenham, während dessen er sich nur mit den Wissenschaften beschäftigte, machte L., um seine Gesundheit herzustellen, eine Reise nach Malta und von da nach Palermo, wo er sich am 25. Nov. 1809 mit der sicil. Prinzessin Marie Amalie vermählte. Nachdem Ludwig XVIII. den franz. Thron bestiegen hatte, kehrte auch der Herzog von Orleans am 15. Mai 1814 nach Paris zurück und übernahm mit dem Marschall Mortier den Oberbefehl in den Norddepartements; als jedoch Napoleon von Elba zurückkehrte, ging er nach England und lebte wieder zu Twickenham. Mit den Bourbons kam er abermals nach Paris. Durch seine in der Pairskammer an den Tag gelegte Freisinnigkeit erregte er hierauf das Misfallen des Hofes und begab sich, um der Ungnade desselben [778] zu entgehen, 1815 nach England, wo er zwei Jahre blieb. Ausgesöhnt mit dem Könige, lebte nun der Herzog seit 1817 wieder zu Paris im Palais royal oder auf seinem Landgute zu Neuilly als Privatmann. In Folge des Aufstandes in den Julitagen (s.d.) 1830 wurde der Herzog am 31. Jul. zum Generallieutenant des Königreichs und am 7. Aug. zum König der Franzosen ernannt. Er machte sich anfangs durch das liberalste Benehmen beliebt, ließ sich als Bürgerkönig begrüßen und war eifrig bemüht, einerseits alle gerechten Ansprüche des franz. Volkes an das neue Königthum so weit als möglich zu befriedigen, andererseits demselben die Anerkennung bei den übrigen europ. Mächten und damit den Frieden zu verschaffen. Mit großer Klugheit hat Ludwig Philipp bisher seine Pläne ins Werk gesetzt, obgleich er mit den größten Hindernissen zu kämpfen hatte. Nicht nur wurde durch öffentliche Aufstände, namentlich zu Lyon, Paris und Strasburg die öffentliche Ruhe gestört, sondern einzelne Fanatiker unter den Unzufriedenen (welche theils aus Anhängern des vertriebenen Königshauses bestehen, theils aus Verehrern des Namens Napoleon, theils endlich aus Solchen, welche eine republikanische Verfassung begehren), machten sogar Versuche, dem Könige das Leben zu nehmen, um während der in Folge eines solchen Ereignisses zu erwartenden Unruhen ihre politischen Zwecke zu verfolgen. Auf fast wunderbare Weise sind alle diese Mordversuche vereitelt worden. Schon am 19. Nov. 1832 fiel ein Pistolenschuß gegen den König; der Thäter wurde nicht entdeckt. Hierauf feuerte der Corse Fieschi am 28. Jul. 1835 eine Höllenmaschine gegen L. ab. Mehre Personen, unter ihnen der Marschall Mortier (s.d.), wurden getödtet. Mit zwei Mitschuldigen wurde Fieschi 1836 hingerichtet, aber noch in demselben Jahre machten Alibaud (am 28. Jun.) und Meunier (am 27. Dec.) neue Angriffe gegen L.'s Leben. Alibaud wurde hingerichtet, Meunier begnadigt und nach Amerika transportirt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 778-779.
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