Ovidius

[379] Ovidius (Publius), mit dem Beinamen Naso, einer der berühmtesten und vielseitigsten röm. Dichter, lebte im Zeitalter des Kaisers Augustus und war 43 v. Chr. zu Sulmona im Lande der Peligner geboren. Sein Vater war röm. Ritter und ließ ihm eine Erziehung geben, wie sie damals für angemessen galt, um eine angesehene Stellung im Staate zu erringen, und die er durch Reisen in Griechenland und Asien vervollständigte. Allein als Knabe schon von der Dichtkunst eingenommen und durch ein ansehnliches Vermögen in den Stand gesetzt, seinen Lieblingsneigungen sich unbesorgt hingeben zu können, verließ er im 20. Jahre die begonnene politische Laufbahn und lebte nun lange Zeit in Rom dem Vergnügen und der Poesie, bekannt und beliebt als angenehmer, scherzender Dichter. Seine Verse wurden auch in ihrer mitunter mangelhaften Gestalt von Hoch und Niedrig mit Begierde gelesen, indem Stoff und Anmuth seiner Dichtungen die Einen, die reichliche Nahrung, welche sie der Sinnlichkeit darbieten, die Andern anzog. In seinem 51. Jahre wurde O. plötzlich aus einer Ursache, die er in seinen Werken als einen Irrthum oder eine Unvorsichtigkeit, jedoch ohne nähere Angaben bezeichnet, vom Augustus nach Tomi an der Küste des schwarzen Meeres verbannt, wo er auch trotz aller Fürsprache seiner Freunde unter August's Nachfolger Tiberius bleiben mußte und vor Kummer und Gram im I. 17 n. Chr. starb. O. hat sich insbesondere in der erzählenden, didaktischen, lyrischen und elegischen Poesie versucht und der erstern gehört sein Hauptwerk, die in Hexametern geschriebenen »Metamorphosen« oder Verwandlungen an, die in 15 Büchern eine Verbindung von beinahe 250 Fabeln enthalten, welche mit dem gestaltlosen Chaos beginnen, aus dem man das geordnete Weltall sich entwickeln sieht, und die bis zur Zeit des Julius Cäsar reichen. Didaktischen Inhalts sind unter andern seine »Kunst zu lieben«, »Mittel gegen die Liebe« und die sechs Bücher »Fasti« oder dichterische Beschreibungen der röm. Feste in der ersten Hälfte des Jahres; lyrisch-elegisch sind seine röm. Liebeselegien und seine in der Verbannung verfaßten Klagelieder oder Trauergesänge und Briefe. Schon 1515 wurde zu Mainz eine deutsche Bearbeitung von O.'s Verwandlungen gedruckt, von denen die schönsten Erzählungen unter Andern auch I. H. Voß (Braunschw. 1798) übersetzt hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 379.
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