Pfalz [1]

Pfalz [1]

[469] Pfalz, das verunstaltete lat. palatium, d.i. Palast, wurden im ehemaligen deutschen Reiche die in verschiedenen Gegenden desselben gelegenen kais. Schlösser genannt, in welchen die Kaiser und Könige abwechselnd verweilten, um anfangs in allen Theilen des Reichs selbst über Beobachtung [469] der Gesetze zu wachen.

Zur Bewahrung dieser Schlösser und zugleich als Richter über ein dazu gehöriges, bestimmtes Gebiet waren Pfalzgrafen eingesetzt, welche mit Ländereien belehnt wurden. Die angesehensten waren der am Rhein, welcher ursprünglich zu Aachen seinen Sitz hatte, und der in Sachsen; doch hatte auch jedes andere alte Herzogthum seine Pfalzgrafschaft. Allmälig ward aber die richterliche Wirksamkeit der Pfalzgrafen unzulänglich und hörte nach Errichtung von Reichsgerichten fast gänzlich auf. Es erloschen daher die Pfalzgrafschaften in Franken und Schwaben, und in Baiern und Sachsen wurden sie mit dem Herzogthum vereinigt; aus den Dienstländereien und eignen[470] Besitzungen der Pfalzgrafen am Rhein aber entstand das deutsche Reichsland die Pfalz am Rhein. Die Kaiser ernannten aber immer noch Pfalzgrafen, und zwar von zwei Classen, welche zur Ausübung gewisser kais. Rechte in den reichsständischen Gebieten befugt waren. Die Gesammtheit dieser Rechte hieß Comitiv, die Pfalzgrafen zweiter Classe waren aber nur zur Ausübung des kleinen Comitivs bevollmächtigt, d.h. sie konnten natürliche Kinder gewöhnlicher Edelleute und Bürgerlicher legitimiren, Doctoren und Notarien ernennen, bürgerliche Wappen verleihen, Dichter krönen, Minderjährige bei erlittener Verkürzung an ihrem Vermögen wieder in den vorigen Stand einsetzen. Das große Comitiv gab denen erster Classe aber nicht blos alle Rechte der Vorigen, sondern auch die zur Ertheilung des Adels und Ernennung gewöhnlicher Pfalzgrafen. Mit dem deutschen Reiche hat auch die Pfalzgrafenwürde aufgehört. – Der Pfalzgrafenstein oder das Schloß Pfalz heißt ein fester alter Thurm mit Zinnen und Thürmchen, welcher bei dem Städtchen Kaub im herzogl. nassauischen Amte St.-Goarshausen auf der felsigen Legeninsel malerisch mitten im Rheine liegt und nebenan abgebildet ist. Er diente sonst als Zollthurm und seine unterirdischen Behältnisse wurden zu Gefängnissen benutzt; gänzlich unverbürgte Sage aber ist es, daß die rheinischen Pfalzgräfinnen ihr Wochenbett hier in einem kaum 8 F. langen und halb so breiten Gemache hätten halten müssen, welches als Wochenzimmer gezeigt wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 469-471.
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