Piccolomini

[495] Piccolomĭni heißt eine sehr alte und berühmte ital. Familie, welche aus Rom stammt, sich aber später nach Siena wandte. Unter ihre ausgezeichnetsten Abkömmlinge gehörten: Äneas Sylvius Bartholomäus P., Kanzler Kaiser Friedrich III. und von 1458–64 unter dem Namen Pius II. röm. Papst, als welcher er aber Alles widerrief, was er in seiner Eigenschaft als Secretair der Kirchenversammlung zu Basel für dieselbe wider das päpstliche Ansehen früher behauptet hatte. Übrigens zeichnete er sich durch seltene Gelehrsamkeit und Sittenstrenge aus, schrieb unter andern eine Geschichte von Böhmen und das Leben Friedrich III. und war auch ein glücklicher Dichter. – Octavio P., Herzog von Amalfi, deutscher Reichsfürst und kais. Generalfeldmarschall, geb. 1599 zu Florenz, war einer der vorzüglichsten Feldherren des dreißigjährigen Kriegs, den er von Anfang bis zu Ende mitkämpfte. P. hatte schon in Italien gefochten, ehe er 1618 als Rittmeister mit einem Reiterregiment, welches der Großherzog von Toscana dem Kaiser Ferdinand II. gegen die Böhmen zu Hülfe schickte, nach Deutschland kam, wo er in kais. Dienste trat. Er zeichnete sich hierauf gegen Bethlen Gabor in Ungarn aus, erwarb das unbegrenzte Vertrauen Wallenstein's, unter dem er als Oberst und Hauptmann seiner Leibwache Stralsund belagern half. Nach der Schlacht bei Lützen, wo Gustav Adolf im Kampfe gegen das von P. angeführte Kürassierregiment fiel, ward er zum General ernannt, 1634 aber war er unter den Hauptpersonen, welche den Sturz Wallenstein's (s.d.) und dessen verrätherische Ermordung herbeiführten, wie denn P. überhaupt mehrfache Treulosigkeit im Betreff eingegangener Capitulationen, Habsucht und Grausamkeit zur Last fallen. Sein Benehmen gegen Wallenstein lohnte der Kaiser mit der Ernennung zum Feldmarschall und durch Verleihung der Herrschaft Nachod in Böhmen. An dem Erfolge der Schlacht bei Nördlingen (6. Sept. 1634) hatte P. wesentlichen Antheil, führte im folgenden Jahre 20,000 M. den Spaniern wider die Franzosen in den Niederlanden zu Hülfe, wo er eine Reihe glänzender Thaten verrichtete und vom Könige von Spanien zur Belohnung das von P.'s Vorfahren besessene Herzogthum Amalfi zurück erhielt. Zu Ende 1639 nach Deutschland mit seinen Truppen gerufen, focht er zunächst gegen die Schweden unter Baner und die mit ihnen vereinigten hess. und lüneburg. Truppen und gab 1640 den Befehl, alle Gefangenen der letztern niederzumachen, zu dessen Widerruf er jedoch gezwungen wurde. In den folgenden Jahren gewann P. in Baiern und den pfälz. Ländern, in Niedersachsen und Schlesien mancherlei Vortheile gegen die Schweden, ward aber bei Breitenfeld am 2 Nov. 1642 mit geschlagen, wo er unter dem Erzherzog Leopold Wilhelm befehligte. Mit den in Böhmen gesammelten Flüchtlingen entsetzte er im Febr. 1643 noch Freiberg in Sachsen, das vom General Torstenson belagert wurde, und begab sich dann mit kais. Bewilligung und auf Verlangen Philipp IV. nach Spanien, wo er sogleich den Orden vom goldenen Vließe und die Würde eines Granden erhielt und abermals gegen die Franzosen und Holländer in den Niederlanden verwendet wurde. Als er 1648 nach Deutschland zurückkam, übernahm er als Generalfeldmarschall in Passau den Oberbefehl des kais. Heers, ohne daß er jedoch bei dem allgemeinen Wunsche nach Frieden noch etwas Wichtiges unternehmen konnte. Nach Abschluß des westfäl. Friedens ging P. als kais. Bevollmächtigter zum Friedensexecutionsconvent nach Nürnberg und wurde auf Antrag der Reichsstände für seine dort erworbenen Verdienste 1654 zum deutschen Reichsfürsten erhoben. Im J. 1651 hatte er sich mit einer Prinzessin von Sachsen-Lauenburg vermählt, starb aber 1656 zu Wien ohne Kinder und ward von seinem Bruder beerbt. Der in Schiller's Wallenstein auftretende Max P. ist daher erdichtet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 495.
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