[635] Recept wird eine schriftliche Anordnung des Arztes genannt, nach welcher der Apotheker einfache oder zusammengesetzte Arzneimittel zubereiten, erfoderlichen Falls auch wol eintheilen und mit der Angabe der Gebrauchsweise und des Namens des Kranken, sowie des Arztes versehen, verabreichen soll. Zur Verschreibung von Recepten bedient man sich, wenigstens in Deutschland, der lat. Sprache, die allerdings auch zu diesem Behufe insofern den Vorzug vor allen andern verdienen dürfte, als sie die unter Sachverständigen am allgemeinsten verbreitete, Nichtärzten dagegen am wenigsten verständlich ist, überdies noch die größte Kürze und Bestimmtheit möglich macht. Ein jedes Recept beginnt mit der Angabe des Ortes und Datums, an welchem es verschrieben wird. Dann eröffnet das sogenannte Anweisewort Recipe (nimm) oder Recipiatur (es werde genommen), gewöhnlich abgekürzt in Rec., eine neue Zeile und es folgt die Verzeichnung des oder der Arzneimittel mit Angabe ihrer Menge, sodaß jedes einzelne Mittel oder jeder einzelne Bestandtheil einer zusammengesetzten Arznei eine eigne Zeile einnimmt, welche mit der Bestimmung des Gewichts oder Maßes schließt. In einer neuen Zeile beginnt die sogenannte Subscription, d.h. die Angabe der Art und Weise, wie der Apotheker die vorgenannten Arzneimittel zubereiten, eintheilen und verabreichen soll; an die Subscription schließt sich die Signatur, d.h. die von dem Apotheker abzuschreibende und dem Arzneimittel anzuhängende Anweisung in der Landessprache für den Kranken, dessen Angehörige oder Wärter, wie dasselbe zu gebrauchen sei (z.B. alle zwei oder drei Stunden einen Eß- oder Kaffeelöffel voll, so und so viel Pillen u.s.w. zu nehmen); den Beschluß des Recepts machen dann die Angabe des Standes, Geschlechts und Namens des Kranken, für den die betreffende Arznei verschrieben worden, und die Namensunterschrift des Arztes, welche niemals fehlen darf, da er für die verordnete Arznei verantwortlich ist. Die Grundsätze, nach denen Recepte angeordnet werden, machen die Receptirkunst aus. Es ist nämlich eine auf dem Recepte verzeichnete ärztliche Verordnung entweder eine unbedingt einfache, indem sie nur die Verabreichung eines einzelnen Arzneistoffes, oder eine beziehungsweise einfache, insofern sie eine vielleicht mehr oder weniger zusammengesetzte, aber officinelle, d.h. vorschriftsmäßig in den Apotheken vorräthig zu haltende Arznei vorschreibt, oder sie verlangt ein aus mehren Bestandtheilen erst zusammenzusetzendes Gemisch. Eine solche von dem Arzte auf dem Recepte gewissermaßen neu vorgeschriebene Formel heißt zum Unterschiede von officinellen eine Magistralformel und mußte ehemals aus einem Hauptmittel, einem Beihülfe- oder Unterstützungsmittel, aus einem verbessernden Mittel und aus einem Binde-, Bildung oder Gestalt. gebenden Mittel (Vehikel) bestehen; gegenwärtig bindet man sich jedoch nicht mehr an dergleichen Regeln und verschreibt so einfach als möglich. Die Form, in der man heilkräftige Substanzen verordnet, kann eine sehr verschiedene sein. Die Wahl derselben richtet sich theils nach der besondern Beschaffenheit des jedesmaligen Arzneikörpers, theils nach dem besondern Heilzwecke, den man zu erreichen beabsichtigt, theils endlich nach den Wünschen des Kranken. Im Allgemeinen unterscheidet man feste, festweiche und flüssige, von letztern wieder tropfbarflüssige und gasartige Arzneiformen. Die einfachste der trockenen, festen Arzneiformen ist die der sogenannten Species, d.h. gröblich zerkleinerte, zerstoßene, zerschnittene Arzneisubstanzen, wie Wurzeln, Stengel, Rinden, Blätter, Kräuter u.s.w., die innerlich zu Theeaufgüssen, äußerlich zu trockenen Umschlägen, Kräuterkissen, Kräuterbettchen u.s.w. benutzt werden, dann folgt das Pulver (s.d.). Ferner gehören in die Classe der festen Arzneiformen der Ölzucker, ein durch Zusammenreiben eines ätherischen Öles mit Zucker dargestelltes Pulver; die Morsellen (s.d.); die Zeltchen, die sich von obengenannter Arzneiform nur durch ihre abgeplattete Kugelgestalt und geringere Größe unterscheiden und eigentlich eine Spielerei sind. Von den festweichen Arzneiformen ist die brauchbarste und wichtigste die der Pillen (s.d.). Ihnen am nächsten kommt der sogenannte Bissen, eine ziemlich weiche, doch zusammenhaltende, übrigens nicht mehr sehr gebräuchliche Arzneiform von runder oder länglichrunder Gestalt, ebenfalls bei übelschmeckenden, Ekel erregenden oder scharfen Substanzen anwendbar, Die Latwerge hat zum Hauptbestandtheile gepulverte, vorzüglich aus dem Pflanzenreiche stammende Substanzen, welche mit Hülfe einer angemessenen Flüssigkeit (wie Syrup, Fruchtsaft, Honig u, s. w.) in eine festweiche, nicht zerfließende Masse vereinigt werden. Gallerte besteht hauptsächlich aus thierischem Leim oder Pflanzenschleim, der mit einer gewissen Menge wässeriger oder weiniger Flüssigkeit in eine durchsichtige oder durchscheinende, zitternde, festweiche Masse verwandelt worden ist. Pflaster (s.d.) müssen in einer niedrigen Temperatur fest sein, in der Wärme aber weich und zähe werden, sodaß man sie auf Leinwand, Seidenzeuch oder Leder streichen kann. Endlich gehören hierher noch Wachs- und andere Salben, die sogenannten Linimente, Breiumschläge u.s.w. Flüssige Arzneiformen, die häufige Anwendung finden, sind die Schleime, Lecksäfte, Pinselsäfte, ausgepreßten Pflanzensäfte, der Aufguß, der Absud oder die Abkochung, die Auflösung, die Tisanen (die übliche Benennung für jede schwache Abkochung, welche zur Erreichung eines Heilzwecks als Getränk verordnet wird), die Pflanzenmilch, Emulsion (eine weiße, undurchsichtige, milchähnliche Flüssigkeit, die durch Zusammenstoßen und Zusammenreiben solcher Arzneisubstanzen, welche zugleich ein fettes Öl und Schleim enthalten, mit Wasser bereitet wird), die Mixturen, die Wasch-, Augen-, Mund- und Gurgelwässer, die Bähungen, Einspritzungen, Klystiere u.s.w. Die Gabe einer verordneten Arznei wird fast in ganz Deutschland nach dem Gewicht und zwar nach dem medicinischen oder Medicinalgewicht bestimmt, indem alle andern Bestimmungen unsicher sind und deshalb vermieden werden müssen. Inzwischen verordnet man flüssige Arzneien doch häufig noch nach[635] räumlichem Maße, nach Tropfen, obschon die Größe, mithin auch das Gewicht derselben von der Schwere der zu tröpfelnden Flüssigkeit, sowie von der Beschaffenheit der Mündung des Gefäßes, aus dem getröpfelt wird, abhängt, nach Thee- oder Kaffeelöffeln, Eßlöffeln, Weingläsern, Tassen, Bechern, Schoppen u.s.w.