[704] Richard II., von 1377–99 König von England, Nachfolger und Enkel König Eduard III., war der Sohn des sogenannten schwarzen Prinzen und 1366 geboren, daher noch minderjährig, als ihm die Krone zufiel, und stand unter Vormundschaft seiner drei Oheime, der Herzoge von Lancaster, von York und von Gloucester. In die erste Zeit seiner Regierung fallen Kriege mit Frankreich und mit Schottland und wegen der dadurch nöthig gewordenen, drückenden Auflagen eine Empörung des Volks, bei deren Dämpfung R. II. viel Entschlossenheit an den Tag legte. Seine Erziehung war indeß sehr übel geleitet worden, und da seine Fähigkeiten beschränkt, sein Charakter ohne Selbständigkeit waren, so ließ er sich von Schmeichlern leiten und verführen, sobald ihm sein Alter erlaubte, sich dem Einflusse seiner Oheime zu entziehen. Von diesen ward Gloucester das Haupt einer mächtigen Partei, welche dem auch beim Volke wegen seines Leichtsinns und des Übergewichts seiner Günstlinge geringgeachteten R. durch das Parlament die Regierung eine Zeit lang entriß und die zum Theil unschuldigen königl. Räthe sehr hart behandelte. Indeß gelang es R. nach einiger Zeit, sich wieder in den Besitz der Gewalt zu setzen und mit Hülfe seines Oheims Lancaster mehre Jahre gegen Gloucester zu behaupten. Eine neue Verschwörung desselben ward Veranlassung zu seiner und der vornehmsten Theilnehmer Gefangennehmung und Hinrichtung oder Verbannung. Bald nachher wurde in Folge neuen Zwistes auch der Sohn Lancaster's, Herzog Heinrich von Hereford, genannt Heißsporn (Hotspur) und der Herzog von Norfolk verbannt. Als aber R. dem ersten die ihm 1399 zugefallenen Güter seines Vaters vorenthalten wollte, kehrte Heinrich von Hereford nach England zurück, als R. sich grade mit einem Heere in Irland befand. Eine Menge Vornehme und selbst der Herzog von York, Regent des Reichs, schlossen sich ihm gegen R. an, von welchem er sein Herzogthum Lancaster foderte, der nach England eilig zurückgekommene König aber sah sich fast von Allen verlassen und ward auf dem Wege zu einer von Heinrich ihm vorgeschlagenen Zusammenkunft auf dessen Veranstaltung gefangen genommen, nach London gebracht und auf den Grund wider ihn erhobener wahrer und unbegründeter Anklagen 1399 feierlich abgesetzt. Heinrich wurde zugleich sein Nachfolger auf dem Throne und ließ den unglücklichen R., unter dessen Regierung die Verbreitung der Lehren Wicleff's (s.d.) begann, nach dem Schlosse Pomfret in Schottland in Verwahrung bringen, wo er im J. 1400 von seinen Wächtern erstochen wurde oder den Hungertod starb. R. war zuerst mit einer Tochter Kaiser Karl IV. und nach deren Tode mit der Tochter Karl VI. von Frankreich vermählt, hinterließ aber keine Nachkommen. Seine Geschichte hat Shakspeare den Stoff zu einem Trauerspiele geliefert.