Thorwaldsen

[421] Thorwaldsen (Albert oder Bertel), einer der ausgezeichnetsten Bildhauer neuerer Zeit, wurde 1770 zu Kopenhagen geboren. Sein Vater, ein armer Steinmetz, war in Island geboren und seine Mutter leitete ihre Abkunft von dem Könige Harald Hiltedand her. Da der junge T. Anlage zur Kunst zeigte, so brachte ihn sein Vater in die Zeichnenschule der Kunstakademie nach Kopenhagen und hier zeichnete sich derselbe so vortheilhaft aus, daß er auf vier Jahre ein Stipendium zur Fortsetzung seines Studiums in Rom erhielt. Im J. 1797 kam er nach Rom. Nach Ablauf jener vier Jahre, während welcher sich T. eben nicht sehr hervorgethan hatte, stellte er das Modell zu seinem »Jason« her, welches zwar allgemein bewundert wurde, aber doch Niemand bewog, eine Bestellung zu wagen. Erst an dem zu seiner Abreise festgesetzten Tage erhielt T. den Besuch eines holländ. Kunstkenners, welcher die Ausführung des Jason in Marmor verlangte. Durch diesen Zufall wurde T. zur kräftigen Fortsetzung höherer künstlerischer Thätigkeit bestimmt. Er blieb nun in Rom und schuf schnell hintereinander eine Reihe ausgezeichneter Kunstwerke, größtentheils Statuen griech. Götter und Heroen, darunter namentlich [421] den kolossalen Mars und den Adonis. Hochberühmt sind seine vier Reliefs zu einem würfelförmigen Taufsteine, welche die Taufe Christi, die Madonna mit dem Jesuskinde und dem kleinen Johannes, Christus, der die Kinder segnet, und eine Gruppe von Engeln darstellen. Nicht minder ausgezeichnet sind seine vier Medaillons zum Portal des Schlosses Christiansburg in Kopenhagen. In dieser seiner Vaterstadt hat T. namentlich auch die neue Kathedrale mit ausgezeichneten Kunstwerken geschmückt. Im Giebelfelde des Portals ist Johannes, welcher in der Wüste predigt, in Basrelief dargestellt, in den Nischen der Vorhallen stehen die großen Propheten, der Fries zeigt Christus als Kreuzträger und im Innern der Kirche stehen die zwölf Apostel, auf dem Hochaltar der Erlöser. Von seinen spätern Werken erwähnen wir hier nur den Triumphzug Alexander's in Babylon, ein Basrelief, das mit noch vier andern Basreliefs für das christiansburger Schloß gewonnen worden ist; die Reiterstatue des Fürsten Poniatowski, das Grabmonument Papst Pius VII., das Grabdenkmal des Herzogs Eugen von Leuchtenberg zu München, die Büsten des Königs und der Königin von Dänemark. Im J. 1819 besuchte er sein Vaterland, kehrte aber schon im folgenden Jahre wieder nach Rom zurück, wo er bis 1838 seinen bleibenden Wohnsitz hatte. In diesem Jahre aber kam er nach Kopenhagen und wurde mit ungemeiner Begeisterung aufgenommen. Man hoffte nun, daß er in seinem Vaterlande bleiben werde und war eifrig bemüht, ihm den Aufenthalt in demselben so angenehm als möglich zu machen. Doch hat man in neuester Zeit von einer bevorstehenden Rückkehr T.'s nach Rom gesprochen. Noch ehe er nach Kopenhagen kam, beschloß man ein Museum zu bauen, in welchem Meisterwerke von ihm aufgestellt werden sollten. Vgl. Thiele's »Leben und Werke T.'s« (2 Bde., Fol., Lpz. 1832–34) mit 180 Kupfertafeln. Alle seine Werke sind von Riepenhausen und Mori in Umrissen gezeichnet und in Kupfer gestochen worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 421-422.
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