[649] Wallis (der Canton), franz. le Valais, bildet die südwestl. Grenze der Schweiz gegen Piemont und Italien und hat auf 781/2 ! M. kaum 80,000 Einw., welche mit Ausnahme von wenigen Familien Katholiken sind, zum Theil (in Oberwallis) deutsch, zum Theil französisch und eine aus celtischen und lateinischen Worten gebildete Mundart reden und unter denen sich ein kleiner Rest angeblicher Hunnen (in dem fast ganz abgesonderten Einfischthale in Oberwallis) befinden soll.
In der ungesunden Umgebung der Rhone gibt es viele Kretinen. Der Canton gehört seit 1577 zum Bunde der Eidgenossen als zugewandter Ort, wurde 1798 zur helvetischen Republik gezogen, sonderte sich 1802 als eigne Republik ab, wurde 1810 dem franz. Kaiserreiche als Departement des Simplon einverleibt und kam 1815 als Canton wieder zur Schweiz. Sein Gebiet besteht aus dem 17 M. langen, von Nordost gegen Südwest sich erstreckenden und von der Rhone durchströmten Hauptthale, in das sich viele Seitenthäler öffnen, und welches von den höchsten Gebirgen der Schweiz umschlossen wird. Einen Zugang in der Ebene hat es nur am südwestl. Ende bei St.-Maurice, sonst kann man nur über Fußpfade oder hohe Alpenpässe hineingelangen, wie von S. her über den Simplon (s.d.) und den großen St.-Bernhard (s.d.) und auf dem vom Montblanc her durch das Chamounythal (s.d.) führenden Pfade. Gegen Uri macht der St.-Gotthard, nördl. die berner Alpen die Grenze; über diese führt ein Weg über den 8600 F. hohen Grimsel, der über die sogenannte Maienwand (einen steilen, mit Rasen bedeckten, von Abgründen umgebenen [649] Abhang) geht, und der merkwürdige Felsenpaß über den gegen 7000 F. hohen Gemmi, dessen Abhang gegen W. so steil ist, daß die 1736–41 von Tirolern hier angelegte Straße im fortwährenden Zickzack hat in den Felsen gesprengt werden müssen. Merkwürdig ist der beschwerliche Paß über den Mont Cervin mit der 10,000 F. über dem Meere gelegene Theodulsschanze. Das nach der Lage ausnehmend verschiedene Klima bietet alle Abwechselungen zwischen außerordentlicher Strenge und großer Wärme dar und die Producte sind daher ebenso mannichfaltig. Das tiefe Rhonethal erzeugt edle Weine, Feigen, Mandeln und herrliches Obst, während in den höhern Lagen kaum Getreide reist und die Berge von Gletschern starren. Weinbau, Viehzucht, die wichtige Durchfuhr auf der Simplonstraße, neuerlich auch Bergbau sind Hauptnahrungsquellen der wenig betriebsamen Einwohner. Zwischen der an Zahl geringern deutschen Bevölkerung von Oberwallis, die gleichwol viel größern Antheil an der Regierung als die von ihr geringgeschätzte von Unterwallis hatte, bestand von jeher kein gutes Vernehmen. Die Foderung der letztern von gleichen Rechten führte 1839 wiederholt zu großen Ruhestörungen und Oberwallis ward endlich zur Annahme einer durch Vermittelung der Tagsatzung vom 3. Aug. 1839 zu Stande gebrachten neuen Verfassung von Unterwallis gezwungen. Zum schweiz. Bundesheer stellt W. 1280 M.
Der Hauptort des Cantons ist Sion oder Sitten am gleichnamigen Bache unweit der Rhone, aus welchem vorstehende Ansicht genommen ist, mit 3000 Einw., fast in der Mitte des Landes. Die Regierung und ein Bischof, sowie ein Jesuitenseminarium haben hier ihren Sitz, und dicht um dasselbe liegen auf drei Hügeln drei alte Schlösser, deren eins bis 1798 die bischöfl. Residenz war. Gleich oberhalb der Stadt beginnt das deutsche oder Oberwallis; hier liegen Sierre oder Siders, der hübscheste Ort in W. mit ausgezeichnetem Weinbau und 1000 Einw.; das freundliche Brieg mit einem Jesuitencollegium und 700 Einw. an der Rhone und Anfang der Simplonstraße in einem 2184 F. über dem Genfersee gelegenen Kessel, wo Wein und Südfrüchte ausgezeichnet gedeihen; der schlechte Flecken Leuk mit einem Schwefelbade und den drei Stunden davon in einem wilden, schwer zugänglichen Thale am Fuße des Gemmi gelegenen berühmten leuker Bädern von 37–41° Wärme haltenden Schwefelwassern. Über Brieg hinauf im höhern Theile von Oberwallis gibt es nur ansehnliche Dörfer, von denen Arnen wegen des in der Nähe brechenden schönen Tropfsteines merkwürdig ist. In Unterwallis sind zu bemerken Martinach oder Martigny mit 1000 Einw. an der Rhone und dem von St.-Bernhard kommenden Dranse, betreibt ausgezeichneten Weinbau und ist Niederlagsort der vom Genfersee über den Bernhard und umgekehrt zu versendenden Waaren, aber auch der Hauptsitz des Kretinismus; in der Nähe befindet sich der schöne Wasserfall Pissevache, welchen der Bach Sallenche bildet, indem er über 800 F. hohe Felsen, senkrecht aber blos 100 F. herabstürzt. Das fruchtbare Bagnesthal ist 10 St. lang; durch das Querthal d'Entremont zieht sich über das Dorf St.-Pierre die Straße nach dem St.-Bernhard hinaus. Bei St.-Maurice mit 1100 Einw. an der Rhone nähern sich die den Canton einschließenden Gebirge so sehr, daß zwischen dem Dent de Morcle im N. und Dent de Midi im S. nur Raum für die Rhone und das Städtchen bleibt und das Thor der über den Fluß führenden altröm. Brücke zugleich den Eingang ins Land bildet.
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DamenConvLex-1834: Wallis (Geographie)
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Meyers-1905: Wallis [3] · Wallis [4] · Wallis [1] · Wallis [2]
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