Asien (Frauen)

[325] Asien (Frauen). Frauen. Von dem Leben, der Bildung und den Verhältnissen der Frauen Asiens läßt sich wegen der großen Verschiedenheit der Nationen, ihrer Kultur, ihrer Religionen und klimatischen Einwirkungen, im Allgemeinen kein Bild entwerfen; denn anders lebt die Gattin des indischen Rajahs, mit Blumen spielend im reichgeschmückten Haus, im Palankin schlummernd von Sklaven gefächelt, oder die Frau des Braminen, die im Feuertode ihr Leben opfert als Zeichen ewiger Treue, als das Weib des Finnen, Samojeden und Kamtschadalen, das die Beschwerden seiner rauhen Lebensart theilt, in der Erd-oder Eishütte wohnt, Thran trinkt und die reizlosen Formen in schwere Thierfelle hüllt. Persien's Frauen werden wie bei allen Muhamedanern in Harems eingeschlossen, wo sie den Selam flechten, im süßen Müßiggange auf Ottomanen ruhen und wie edlere Sclavinnen nur dem Herrn dienen, das Hauswesen aber nicht verwalten Die Chinesin lebt, mit seltsamem Putze behangen, verborgen im Hause, wird ohne Liebe Gattin und ohne Zärtlichkeit Mutter; der Mann ist der Herr, die Tochter ein Handelsartikel. Das Weib des edelsten Menschen der Erde, des Arabers, steht auf einer höhern[325] Stufe (s. Arabien), ist das idealere Geschlecht, herrscht im Reich der Gefühle und der Liebe; dagegen ist in Tibet der Mann zur thierischen Knechtschaft hinabgesunken, und das Weib regiert in Haus und Staat. Die Gattin des mittel- und nordasiatischen Nomaden theilt seine Beschwerden und Mühen auf den weiten Zügen durch Steppen und Thäler. Die holde, braune, schlanke Schönheit Indiens übertrifft als Bajadere, dem Tempeldienst oder der öffentlichen Lustbarkeit geweiht, an Grazie, Gelenkigkeit und Adel der Bewegungen alle Frauen Europa's. Das Weib des Negers auf den Inseln des indischen Archipels ist zu derselben Knechtschaft verurtheilt, wie der Mann. – Von den fünf Hauptgattungen des Menschengeschlechts findet man in Asien vier: die kaukasische, die mogolische, malayische und äthiopische: die kaukasischen Völker (zu welchen Tataren, Türken, Cirkassier, Kurden, Syrier, Juden, Armenier, Araber, Parsen, Perser etc. gehören) sind schön, haben edle Gesichtsbildung, schlanken Körperbau, kraftvolle Glieder, große, seelenvolle Augen, hohe Stirnen, schöne Braunen, edel gebogene Nasen, mittelmäßige Lippen, stolze Haltung. Cirkassien und Georgien ist der Stammsitz der schönsten Menschenklasse. Die Backenknochen sind noch sanfter, die Lippen zarter, die Augen noch feuriger und seelenvoller, die ganze Gestalt voll Adel und Leben, die Sprache sanft flüsternd, girrend. Hier ist das Weib, das Schönste der Erde, Sclavin und Handelsartikel. In ihrem Gesicht und ganzen Wesen ist rührende Ergebung, Milde, Demuth ausgeprägt. Im Norden sind die Menschen mager, gelenkig, haben struppige Haare, schwarze kleine Augen, dicke Nasen, starke Backenknochen, schwache Füße, kleine gedrungene Gestalten Gegen Osten hin werden die Köpfe dick, die Ohren spitz und abstehend, die Nase dick und gestutzt, der Körperbau plump, der Unterleib groß, die Schenkel schwach, die Beine krumm, die Zähne breit, der Mund bleckend. Es sind Tataren und Mogolen. Sie sind es, die mehrmals die Welt erschüttert haben und auf verheerenden[326] Zügen oft bis nach Europa vordrangen. In China haben sie einen gewissen Kulturgrad erreicht, sind aber auf derselben Stufe seit Jahrtausenden stehen geblieben, voll Bizarrerie, Sonderbarkeiten, Aberglauben und Stumpfsinn. – Im Süden wohnen unter einem herrlichen Himmel edle Menschen: Araber und Hindus, schlanke, edelgeformte Gestalten, weiß, braun, schwarz in verschiedenen Uebergängen und Schattirungen. Sie sind vor Allen der Kultur zugänglich, waren schon in den ältesten Zeiten hochgebildet, und besitzen alle Tugenden der Humanität. Mittel-Asien, vor Jahrtausenden hochgebildet, aus weltherrschenden Staaten zusammengesetzt, weis't in der Geschichte hohe, berühmte, gewaltige Frauen auf: Semiramis, Zenobia, Artemisia etc. Asiens jetzige Verhältnisse in Staat, Religion und Gesittung erlauben ihnen keinen so hohen Aufschwung. Sie sind hier das zweite Geschlecht; nur für den Dienst und die Liebe der Männer und zur Sclaverei bestimmt, nehmen sie nicht Theil an ihrem öffentlichen Wirken, wie in Europa, flechten nicht mit ihrer Hand die Bande der Geselligkeit, haben keine gleichen Rechte, wie die Männer, bilden nicht die gleich große, gleich wichtige andere Hälfte der Menschheit; sie sind nur die Untergeordneten. – Die Frauen der Engländer, Spanier, Portugiesen und Holländer in Ostindien haben ihre europäischen Sitten und Gebräuche im Allgemeinen beibehalten, wenn auch unter den verschiedenen klimatischen Verhältnissen Beschäftigungen, Lebensweise und Eintheilung der Tagesstunden anders geworden sind. Bequemlichkeit, Ueppigkeit, Luxus, Mangel an Lebensernst sind nur aus diesen Verhältnissen entsprungen. (Ueber die Frauen in Arabien, Ostindien, China, Persien, Sibirien etc. siehe die betreffenden Artikel.)

S. u.–n.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 325-327.
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