Faulfieber

[671] Faulfieber ist derjenige fieberhafte Krankheitszustand, dessen Wesen in einer acuten Zersetzung des thierischen Organismus besteht. Wie im Brand (gangraena) das schnelle Absterben einen einzelnen bestimmten Theil des Gesammtorganismus, so erfaßt im F. der Zersetzungsprozeß den Gesammtorganismus selbst. Specificirter Krankheitsprozeß, wie etwa die Pocken, das Scharlach etc. ist das F. nicht, sondern es kann als letzter Akt jeder acuten Krankheit auftreten. In der Regel geht das F. aus dem Nervenfieber hervor. Symptome desselben sind: der höchste Grad von Ermattung, Eingenommenheit des Kopfes, Stumpfsinn, stille Delirien, frequenter kleiner Puls, für das Gefühl der fremden Hand beißende Hitze (calor mordax) bei welker Haut, innerliche und äußerliche Blutungen eines schwarzen nicht gerinnbaren Blutes, daher petechiae, vibices, Blutungen aus Mund u. After, ein stinkender, aashaft riechender Athem, dunkler, Blutbestandtheile enthaltender Urin. Die Vorhersage bei dieser Krankheit ist eine sehr schlimme. Die Diagnose ergibt sich aus den Zeichen der chem. Zersetzung der thierischen Bestandtheile in Verbindung der durch die nervösen Symptome sich beurkundenden Anzeigen der höchsten Lebensschwäche. Die Behandlung besteht in der kunstgerechten Anwendung der s.g. fäulnißwidrigen (antiseptica) Arzneimittel in Verbindung mit den die Lebenskraft anspornenden Reizmitteln (nervina). Zu erster gehören in erster Reihe die Säuren: Schwefelsäure, Salzsäure, Phosphorsäure, Essig- u. Citronensäure, sodann die China mit ihren verschiedenen Präparaten. Von den Metallen das Eisen und seine Präparate. Zu diesen und zugleich den Reizmitteln gehören die Serpentaria, die Arnica. Reine Reizmittel: Aether, Moschus, die große Anzahl vegetabilischer Reizmittel.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 671.
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