Betonprüfung [1]

[749] Betonprüfung. Untersuchungen von Beton erstrecken sich in den meisten Fällen auf solche Proben, die aus den in der Praxis zu verwendenden Rohmaterialien (s. Beton) für die Untersuchung besonders hergerichtet werden, ausnahmsweise auch auf Proben, die fertigem Betonmauerwerk entnommen sind. Die Prüfungsverfahren sind den Beanspruchungen anzupassen, denen der Beton im Bauwerk ausgesetzt ist. Sie umfassen die Bestimmung der Festigkeitseigenschaften, Wasserdurchlässigkeit, des Widerstandes gegen Abnutzung, der Raumbeständigkeit sowie des Verhaltens gegen Wärmewechsel und chemische Einflüsse (vornehmlich alkalische und saure Wasser und Seewasser), ferner die Bestimmung der mechanischen Zusammensetzung [1]–[6].

Von wesentlichem Einfluß auf das Ergebnis der Untersuchung von Beton gegebener Zusammensetzung ist neben dem Alter der Proben der bei der Herstellung verwendete Wasserzusatz, die Art der Zubereitung (Stampf- oder Schüttbeton) sowie die Wärme und Feuchtigkeit beim Lagern der Proben bis zur Prüfung. Die Eigenschaften der verschiedenen Betonsorten (s. Beton) sind nicht nur abhängig von der Art der verarbeiteten Materialien, d.h. des Bindemittels (Zement, Kalk, Traß u.s.w.) und des Zuschlages (Kies, Steinschlag, Schotter u.s.w.), sondern beim gleichen Mengenverhältnis zwischen Bindemittel und Zuschlag auch von der Zusammensetzung des letzteren aus Teilen verschiedener Korngröße. Die besten Eigenschaften werden bei dichtester Lagerung des Zuschlagmaterials erhalten, da dann der Mörtel die verbleibenden Hohlräume am besten ausfüllt.

Nach der Menge des bei der Bereitung von Stampfbeton zu verwendenden Wassers unterscheidet man »erdfeuchten«, »plastischen« und neuerdings auch »weichen« Beton. Welcher von ihnen für Bauzwecke vorzuziehen ist, steht noch nicht fest, derjenige mit höherem Wassergehalt ist leichter zu verarbeiten und erfordert daher geringere Erfahrungen der Betonarbeiter, dagegen läßt der erdfeuchte Beton sich dichter stampfen und liefert daher bei sachgemäßer Behandlung höhere Fertigkeit [7], [8].

Zur Ermittlung der Fertigkeit des Betons dienen in der Regel Druckversuche an Würfeln und zuweilen daneben Biegeversuche an Prismen mit Einzellast in der Mitte oder mit gleichmäßig verteilter Belastung innerhalb der Stützweite. Die zur Probenanfertigung zu verwendenden Mengen an Bindemittel und Zuschlag werden entweder wie bei den Arbeiten auf dem Bauplatz nach Raumteilen oder nach Gewichtsteilen bemessen. Ihre Mischung erfolgt je nach der Art des Materials verschieden. Bei Verwendung von Kiessand (natürliches Gemisch von Sand und Kiessteinen) wird dieser mit dem Zement zu einem gleichmäßigen Gemenge trocken gemischt und dann nach Zusatz des Wassers gehörig durchgearbeitet. Der Wasserzusatz ist für den erdfeuchten Beton richtig gewählt, wenn der Beton beim Einstampfen in die Form nach einer gewissen Anzahl Schläge plastisch wird und sogenannte Schlammabsonderung zeigt. Zu beachten ist hierbei, daß einige Kiessande und Sande bei bestimmter Kornzusammensetzung überhaupt keine Wasser- oder Schlammabsonderung an der Oberfläche des Betons ergeben. Man muß in solchen Fällen sehr vorsichtig beim Wasserzusatz verfahren, da letzterer sonst leicht zu hoch bemessen wird. Bei Anfertigung von Beton aus Zement, Sand und Kiessteinen oder Schotter (Steinschlag) wird zunächst wieder der Zement mit dem Sande trocken gemischt und dann nach Zusatz des erforderlichen Wassers nochmals naß. Diesem Gemisch werden schließlich die Kiessteine oder der Schotter zugefügt, nachdem sie vorher angenäßt sind; Ziegelschotter, Kalksteinschotter und andre, Wasser stark aufsaugende Zuschläge sind vorher bis zur Sättigung mit Wasser zu tränken. Das Mischen geschieht entweder von Hand mittels Schaufel oder in Maschinen. Einheitliche Vorschriften hierfür bestehen nicht, wohl aber wird vom Deutschen Betonverein die Mischmaschine (Fig. 1) nach Patent Hüser am meisten empfohlen. Sie mischt in einem stehenden Zylinder mit zwei Quirlen. Der Boden des Zylinders ist nach innen halbkugelförmig eingezogen. Er wird ebenfalls gedreht, während federnde Messer das Material von der Zylinderwandung und dem Boden abstreichen und stets von neuem in den Bereich der Quirle bringen. Die zu mischenden Mengen werden getrennt in einen an der Maschine angebrachten dreiteiligen Kasten gebracht, der während des Ganges der Maschine selbsttätig in den Mischzylinder entleert wird und dann in seine ursprüngliche Lage zurückkehrt. Nach einigen Gängen in trockener Mischung wird die leicht regelbare Wassermenge aus einem besonderen Gefäß ringsum gleichmäßig zugelassen. Nach einer bestimmten Umdrehungszahl entleert der Mischzylinder sich von selbst, indem der Boden um 90° kippt.

Der innig gemischte Beton wird schichtenweise in die Formen eingestampft. Die Dauer und Energie des Stampfens sind der Beschaffenheit des Betons (Höhe des Wasserzusatzes, Mischungsverhältnis und Korngröße des Zuschlages) anzupassen. Das Stampfen ist zu beenden,[749] sobald Wasser an der Oberfläche des Betons austritt. Vor dem Aufbringen des Materials für die nächste Schicht wird die Oberfläche des fertigen Teiles aufgerauht. Höhe und Anzahl der Schichten richten sich nach der Größe des zu fertigenden Probestückes oder nach der Höhe der Form. Zum Einstampfen der letzten Schicht wird ein Aufsatzkasten auf die Form aufgesetzt und in diesen so viel Material eingebracht, daß nach beendetem Stampfen die eigentliche Form gut gefüllt ist. Die überstehende Masse wird nach Entfernung des Aufsatzkastens abgestrichen und die Fläche geglättet, nötigenfalls unter Zuhilfenahme seinen Mörtels. Um das Entstehen großer Hohlräume an den Seitenflächen zu verhindern, wird die Masse beim Einstampfen seitlich angedrückt, indem man ein messerartiges Eisen flach an den Wandungen der Form entlangführt. Zum Einstampfen dienen zweckmäßig vom Deutschen Betonverein eingeführte, eiserne Normalstampfer von rund 12 und 10 kg Gewicht und 12 × 12 und 12 × 5 cm Stampffläche. Die fertige Probe wird mindestens so lange in der Form belassen, bis der Beton abgebunden ist, wobei die Oberfläche gegen zu schnelles Austrocknen zu schützen ist. Die Zeitdauer ist abhängig von den Abbindeverhältnissen des verwendeten Zementes, dem Wasserzusatz, dem Mischungsverhältnis und der Wärme und Feuchtigkeit der Luft. Die entformten Proben erhärten je nach Vorschrift an der Luft, wobei erdfeucht eingestampfte Proben während der ersten Tage wiederholt an gefeuchtet werden, oder sie werden nach einigen Stunden unter Wasser oder in feuchtem Sande untergebracht. Die unter Wasser erhärteten Proben werden dann naß geprüft, während die unter Sand gelagerten in der Regel einen Tag vor der Prüfung an der Luft stehen. Zur Feststellung der Gleichmäßigkeit der Mischung und Stampfarbeit und des Raumgewichtes des eingestampften Betons werden einige Proben gleicher Fertigung gewogen.

Die Formen werden leicht auseinandernehmbar, in der Regel aus Eisen gefertigt. Zu den Druckversuchen dienen meist Würfel. Bach benutzte zylindrische Proben von 100 cm Länge und 25 cm Durchmesser [9]. Erfolgt die Druckbeanspruchung in der Stampfrichtung, so sind die Druckflächen einige Tage vor der Prüfung mit Mörtel aus je 1 Teil Zement und seinem Mauersand eben und parallel abzugleichen. Zugproben erhalten zweckmäßig prismatische Form mit verstärkten Köpfen zum Einspannen der Stabenden in besonders geformte Klauen (s. Fig. 2). Eine einheitliche Zugform gibt es nicht. Das Einstampfen erfolgt von einer flachen Seite aus, so daß die Schichten parallel zur Richtung der Belastung liegen. Zu Biegeversuchen dienen Platten oder Prismen; die Stützweite sollte stets gleich der fünffachen Höhe sein. Von beachtenswertem Einfluß auf die Festigkeit des Betons nach bestimmtem Alter ist die Größe der Proben infolge des allmählichen Fortschreitens der Erhärtung von außen nach innen. Für Druckversuche hat Burchartz festgestellt [10], daß die Festigkeit innerhalb 180 Tagen mit zunehmender Kantenlänge der Würfel gesetzmäßig abnimmt. Der Einfluß kommt bei erdfeucht angemachten Proben mehr zum Ausdruck als bei solchen mit höherem Wasserzusatz. Man sollte diesem Einfluß bei Betonprüfungen dadurch möglichst Rechnung tragen, daß man die Größe der Proben den Abmessungen der zu fertigenden Bauteile anpaßt. Fertigen Bauteilen aus Beton lassen sich für Festigkeitsversuche in der Regel nur Druckproben entnehmen. Sie sind aus größeren Bruchstücken mittels Säge herauszuschneiden.

Die Wasserdichtigkeit wird untersucht entweder an Hohlkörpern durch Prüfung auf inneren Wasserdruck oder an plattenförmigen Körpern derart, daß geteilte Glaszylinder wasserdicht auf die Probe aufgekittet, bis zu einer bestimmten Höhe mit Wasser angefüllt werden und dann nach bestimmten Zeitabschnitten der Stand der Wassersäule beobachtet und schließlich festgestellt wird, innerhalb welcher Zeit etwa das Durchsickern des Wassers eintritt.

Der Widerstand gegen Abnutzung wird wie bei Mörteln durch Schleifversuche oder durch Behandlung im Sandstrahlgebläse ermittelt [11] (s. Mörtelprüfung).

Die Raumbeständigkeit des Betons und sein Verhalten gegen Wärmewechsel sind vornehmlich von den Eigenschaften des in dem Mörtel verarbeiteten Bindemittels abhängig. In der Regel werden daher auch die in Frage stehenden Mörtelmaterialien auf diese Eigenschaften hin untersucht (s. Mörtelprüfung).

Die Bestimmung der mechanischen Zusammensetzung von Beton erstreckt sich auf die Ermittlung des Gehaltes an Bindemittel und Zuschlagsmaterial. Bei noch nicht erhärtetem Beton wird hierzu das Bindemittel mit Wasser abgeschlämmt. Das Ergebnis wird aber unkontrollierbar beeinflußt, wenn die Zuschlagsstoffe nennenswerte Mengen abschlemmbarer Bestandteile enthalten, und an bereits erhärtetem Beton ist die Bestimmung häufig nicht mehr auszuführen.


Literatur: [1] Gary, Wie prüft man Beton? Tonindustr.-Ztg. 1900, S. 421. – [2] Candlot, Die Einwirkung des Meerwassers auf Mörtel, Le Ciment 1896, Nr. 3–5. – [3] Tonindustrie-Ztg., 1897, Nr. 14 u. 15. – [4] Michaelis, Das Verhalten hydraulischer Bindemittel zu Meerwasser, 1896. – [5] Verhandl. des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes, 1897, S. 257. – [6] Mitteilungen a. d. Kgl. Technischen Versuchsanstalten, 1900, Ergänzungsheft 1. – [7] Bach, Mitteilungen über die Herstellung von Betonkörpern mit verschiedenem Wasserzusatz sowie über die Druckfestigkeit und Elastizität derselben, Stuttgart 1903. – [8] Burchartz, Druckfestigkeit von Beton, Mitteilungen a. d. Kgl. Technischen Versuchsanstalten 1903, Heft 3. – [9] Zeitschr. des Ver. deutsch. Ing. 1895, S. 489; 1896, S. 1381. – [10] Burchartz, Druckfestigkeit von Beton und Einfluß der Körpergröße auf die Erhärtung bezw. Fertigkeit von Zementmörtel und Beton, Mitteilungen a. d. K. Technischen Versuchsanstalten, 1903. Heft 3. – [11] Gary, Versuche mit dem Sandstrahlgebläse, Mitteilungen a. d. Kgl. Technischen Versuchsanstalten 1901, S. 211.

Rudeloff.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 749-751.
Lizenz:
Faksimiles:
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