Fallen und Streichen

[594] Fallen und Streichen. Fallen oder Fallwinkel (Vertikalwinkel) ist der Neigungswinkel einer Geraden gegen die Horizontale, gezählt von 0° bis + 90° (steigend) und bis – 90° (fallend). Die Horizontalprojektion der Geraden bildet mit einer festen Anfangsrichtung, Nordrichtung, einen Horizontalwinkel, den man das Streichen der Geraden heißt, gezählt in positivem Sinne (rechtsläufig) von 0° bis 360°, früher mit Angabe der Richtung Ost oder West nach beiden Seiten von 0° bis 180° oder 0h bis 12h.

Das Streichen wird meist mit dem Kompaß bestimmt, also auf den magnetischen Meridian bezogen; durch die Anschlußmessung auf einer festen Orientierungslinie erhält man aus dem beobachteten das reduzierte Streichen oder den Richtungswinkel der Geraden gegen die Nullrichtung (Abszissenachse) des Koordinatensystems oder mit Berücksichtigung der Meridiankonvergenz, das wahre Streichen, d.i. das Azimut gegen den astronomischen Meridian.

Das Fallen wird mit dem Gradbogen (oder mit dem Theodolit) bestimmt. Zwischen der flachen (schiefen) Länge l, ihrem Fallwinkel a, ihrer söhligen Länge s (Horizontalprojektion) und ihrer Seigerteufe h (Vertikalprojektion) besteht die Beziehung s = l · cos a, h = l · sin a.

Ganz ebenso wie bei einer Geraden spricht man bei einer Ebene von ihrem Streichen und Fallen, nur mit der Vereinfachung, daß man hier Anfangs- und Endrichtung nicht unterscheiden muß, also das Fallen ohne Vorzeichen, das Streichen nur von 0h bis 12h oder 0° bis 180° anzugeben hat.

Die Streichlinie steht im Räume senkrecht zur Fallinie, und da man die Fallrichtung gewöhnlich besser erkennt (größter Neigungswinkel) als die Streichrichtung, so wird meist zuerst das Fallen einer Ebene, dann senkrecht dazu das Streichen bestimmt. Die Flächen einer Lagerstätte faßt man im einzelnen als Ebenen auf; man mißt in einzelnen Punkten das Spezialfallen und -streichen, auch die Mächtigkeit der Lagerstätte. Aus den Einzelbestimmungen ergibt sich dann im Mittel das Generalfallen und -streichen oder das mittlere Fallen, mittlere Streichen und die mittlere Mächtigkeit der Lagerstätte (s. Grubenmessungen).

Haußmann.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 594.
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