Hafen für Luftfahrzeuge

[266] Hafen für Luftfahrzeuge. Unvorbereitete, jedoch zur Landung geeignete Plätze werden Notlandeplätze genannt. Flugstützpunkte ermöglichen Zwischenlandung,[266] Betriebsstoffaufnahme, kleinere Reparaturen von Flugzeugen. Flughäfen, -platze und Luftschiffhäfen (Luftschiffplätze) sind völlig ausgebaute. Anlagen zur Bedienung und Bergung von Luftfahrzeugen am Erdboden. Hierzu gehören: Aufstiegs- und Landungsplatz, Signal- und Verholeinrichtungen, Hallen, Unterkunftsräume, Werkstätten, Betriebsstofflager, Wetter- und sonstiger Nachrichtendienst.

Flugzeuge und Luftschiffe, erstere zum An- und Auslauf, letztere zur Bewegung des großen Schiffskörpers durch die Haltemannschaften, benötigen bei Aufstieg und Landung einen genügend ebenen, trockenen, am zweckmäßigsten mit einer kurzen, festen Grasnarbe bewachsenen Platz. Die nächste Umgebung muß möglichst frei sein von Hindernissen (hohe Masten, Kamine). Je nach Ausdehnung des Flug- und Fährbetriebes schwankt die Größe zwischen wenigen tausend Quadratmetern (bei Flugstützpunkten) und mehreren Quadratkilometern (bei Fliegerschulen, Kriegsluftschiffhäfen, Werstanlagen). Von größter Wichtigkeit sind die meteorologischen Verhältnisse des Platzes: Häufigkeit der Windrichtungen und -stärken, Struktur des Bodenwindes (wobei die nähere Umgebung des Platzes erheblichen Einfluß hat), Gewitterhäufigkeit, Bodennebel.

Die bei Tage von oben leicht auffindbaren Anlagen werden bei Nacht und Nebel durch Signaleinrichtungen kenntlich gemacht. Als Nebelsignale für Luftschiffe kommen Signalfesselballone, die bei Bodennebel bis über die obere Nebelgrenze hochgelassen werden, sowie akustische Signale in Frage; Flugzeuge erhalten Zeichen durch Leuchtraketen. Lichtsignale bei Nacht gliedern sich in solche zur Ansteuerung aus großer Entfernung (Ortsmarkierung) und solche zur Erleichterung der Landung (Platzbeleuchtung). Zur ersten Art gehören die von der Pintsch-A.-G. in Anlehnung an die Leuchtfeuer für den Seeverkehr konstruierten Blitzfeuer (Fig. 1, ausgeführte Anlagen bis 500000 NK., Sichtweite 50–60 km) und die vorzüglich bewährten Blinkfeuer derselben Firma (Fig. 2). Diese bestehen aus 96 Speziallampen in kegelförmiger Anordnung mit einer Lichtstärke von 19000 NK. nach jeder Richtung. Die Stromunterbrechung geschieht durch Motorschalter. Zur Platzbeleuchtung dienen drehbare Scheinwerfer mit Blendeneinrichtung (zwecks Herstellung der Morseverbindung zwischen Luftfahrzeug und Erdboden) sowie die im praktischen Betriebe ebenfalls erprobten Pintsch-Sonnenbrenner (Fig. 3, 400000 NK.). deren mildes, leicht zerstreutes Licht auf mehrere hundert Meter für die Landungsarbeiten ausreicht.

Das Verholen des Flugzeuges auf dem Platze bietet selbst bei Marken Winden keine Schwierigkeit. Anders beim Luftschiff, bei welchem seitlicher Winddruck unbedingt vermieden werden muß. Die Praxis hat gezeigt, daß diese Forderung am besten ohne mechanische Hilfsmittel, allein durch die an verschiedenen Punkten des Schiffs und der Gondeln mittels Knebelleinen angreifenden Haltetrupps erfüllt wird. Eine Ausnahme bildet das Verankern des Schiffs bei schwerem Sturm im Freien, wenn keine Bergungsmöglichkeit vorhanden ist. Hierbei belegt man das Schiff mit seiner Hauptverankerung in der Nähe der Spitze an der Ankereinrichtung (Betonklotz, Federtaue), und läßt es je nach Drehung des Windes um den Ankerpunkt herumschwojen, ein Manöver, das an die Aufmerksamkeit der Haltemannschaft ganz besondere Anforderungen Stellt, sowohl wegen des Parierens seitlicher Böen als auch wegen der das Luftschiff niederdrückenden vertikalen Kraftkomponente. In England wurde zum Verankern kleinerer Luftschiffe im Freien ein Ankerturm benutzt. Erfolgversprechend ist die von Christians [1] vorgeschlagene niedrige und umlegbare Ausführung. Der Turm hat etwa die halbe Bauhöhe des Luftschiffes, so daß bei Fesselung der Luftschiffspitze an der Turmspitze die Gondeln am Boden aufsetzen. Vertikale Kräfte werden bei dieser Art der Verankerung vermieden. Beim Einbringen der Schiffe in feste Hallen unterstützt man das Aufholen bei Querwind und die gerade Führung durch Festlegen an Laufkatzen an vier Punkten. Die Katzen laufen an beiden Seiten der Halle in Schienen, die sich über mehr als Luftschifflänge durch die Tore hindurch ins Freie erstrecken. Zum Verholen in die in den Wind gestellten Drehbalken sind keine Laufkatzen notwendig, da keine seitlichen Kräfte auftreten. Die Manöver am Erdboden werden in vielen Fällen zweckmäßig durch die Maschinen des Schiffs unterstützt.

Die Flugzeughallen werden je nach Zahl und Größe der unterzubringenden Flugzeuge in verschiedenen Abmessungen gebaut. Fig. 4 zeigt neben der Luftschiffhalle eine Kleinflugzeughalle (Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, Werk Gustavsburg) von 50 m Torweite, 8 m lichter Höhe und 90 m Tiefe, wovon 60 m als Werkstatt im Gebrauch sind. Die links folgende Kleinflugzeughalle (Gollnow & Sohn, Stettin) hat vier nebeneinanderliegende Abteilungen von je 21 m[267] Torweite, 5 m lichter Höhe und 21 m Tiefe. Ein Zwischenglied zwischen Kleinflugzeug- und Luftschiffhallen bilden die R-Flugzeughallen. Die Halle (Fig. 4) links (Gollnow & Sohn) hat 50 m Torweite, 15 m Höhe, 60 m Tiefe.

Als Luftschiffhallen haben sich feste einfache und Doppelbalken sowie Drehbalken bewährt (s.a. Ergbd. I, S. 360). Mit den Ausmaßen der Luftschiffe mußten auch diejenigen der Hallen steigen. Die in Fig. 4, rechts, abgebildete normale einfache Luftschiffhalle (Augsburg-Nürnberg, Werk Gustavsburg) hat 46 m Breite, 35 m Höhe, 250 m Länge. Doppelbalken haben bei sonst gleichen Abmessungen eine Breite von 60 m. Die große Breite erleichtert das Ein- und Ausbringen der Schiffe bei Querwind ganz erheblich. Doppelbalken haben in der Mitte eine dritte Laufkatzenschiene. Will man allen durch Wind verursachten Schwierigkeiten aus dem Wege gehen, so muß man zum Bau von Drehbalken übergehen, die immer in die herrschende Windrichtung eingeschwenkt werden. Im Betrieb befindliche Drehbalken (Demag-Duisburg) weisen genügende Betriebssicherheit und ausreichende Drehgeschwindigkeit auf. Wegen der erheblichen Steigerung der Fahrtmöglichkeit, Erhöhung der Sicherheit am Erdboden und Verringerung der benötigten Haltemannschaften sind Drehbalken die Vorbedingung eines großzügigen[268] Luftschiffverkehrs. – Eine Verbindung beider Systeme (drehbare Schleusenhalle vor radial zu ihr gestellten festen Hallen, s. unten) wird aber die Vorteile der frei stehenden Drehhalle durch Wirbelbildung u.a. zum Teil wieder aufheben.

Werden in einem. Luftschiffhafen mehrere Hallen zur Aufnahme einer größeren Anzahl von Schiffen errichtet (z.B. Luftschiffplätze der Marine, Fig. 58), so legt man sie einzeln oder paarweise in große Entfernung – bis 800 m – voneinander, um die gegenseitige Gefährdung bei Bränden oder Explosionen zu vermindern. Kriegsereignisse brachten die Erfahrung, daß zur vollständigen Sicherheit auch bei den ungünstigsten Umständen noch größere Entfernungen notwendig wären.

Zur Halleneinrichtung gehören die Vorrichtungen zur Nachfüllung von Ballast, Benzin (Tankwagen), Wasserstoff (Füllanlagen, s. Füllgas für Luftschiffe), Räume zur Unterkunft der Besatzungen, Werkstätten und Lager für Reparaturmaterial.

Larger für Betriebsstoffe (Benzin, Oel) sind feuersicher und von den Hallen entfernt anzulegen. Wasserstoff wird auf größeren Luftschiffplätzen vorteilhaft durch eine eigene Anlage erzeugt (s. Füllgas für Luftschiffe). Als Lager kommen Niederdruckbehälter oder Hochdrucklager in Betracht. Für Gaskesselwagen ist Anschlußgleis erforderlich.

Der Wetterstation des Hafens liegt neben örtlichen Beobachtungen (des Windes, Luftdrucks der Temperatur u.s.w.) die Sammlung und Verwertung der Wetternachrichten ob (s. Meteorologie aeronautische). Weitere wichtige Einrichtungen sind F.-T.-Station, Unfallstation.

Von bedeutenderen deutschen Luftschiffhafen seien genannt: Im früheren besetzten Gebiet: Osten: *Wainoden (Kurland), Kowno, Warschau. Südosten: Temesvar (Ungarn), Jamboli (Bulgarien). Westen: *Brüssel, Gent, *Namur, Maubeuge. In Deutschland: Nordwest: *Tondern, *Norden, *Wittmund, *Nordholz, *Ahlhorn, Wildeshausen. Osten: *Seerappen bei Königsberg,[269] Allenstein, *Seddin bei Stolp, Schneidemühl, Posen, Liegnitz, *Dresden. Mitteldeutschland: *Staaken (Zeppelinwerst), Zeesen bei Königswusterhausen (Schütte-Lanzwerft), *Jüterbog, Hannover. Südwest: Trier, Sandhofen bei Mannheim, Rheinau bei Mannheim (Schütte-Lanzwerft), Lahr i. B., * Friedrichshafen a. B. (Zeppelinwerft).

Die mit * bezeichneten Orte haben mehrere Hallen. Die meisten dieser Luftschiffhäfen dienen gleichzeitig als Flughäfen. Außerdem bestehen eine große Menge Flugstützpunkte, größere Flugplätze (Johannisthal, Leipzig u.a.) und Wasserflugplätze (Warnemünde, Leipzig u.a.).


Literatur: [1] Christians, Anlage und Betrieb von Luftschiffhäfen, München u. Berlin 1914.

Helffrich.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
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Fig. 5.
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Fig. 6.
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Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 8.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 266-270.
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