[316] Quecksilber (Wassersilber, Hydrargyrum) Hg, Atomgewicht 200, das einzige bei gewöhnlicher Temperatur flüssige Metall, besitzt in reinem Zustande eine zinnweiße Farbe und starken Metallglanz; spez. Gew. 13,59, Siedepunkt 357° C. Bei 39° erstarrt es und ist dann geschmeidig und hämmerbar.
Quecksilber bleibt an der Luft unverändert; beim Erhitzen verwandelt es sich an der Oberfläche zum Teil in Quecksilberoxyd. Verunreinigt verliert es seinen Glanz, bildet keine runden Tropfen mehr, sondern zieht einen Schweif. Mit andern Metallen legiert es sich zu Amalgamen (s.d.). Salzsäure greift Quecksilber nicht an, ebensowenig verdünnte Schwefelsäure in der Kälte; konzentrierte Schwefelsäure löst es unter Entwicklung von schwefliger Säure entweder zu Oxyd- oder Oxydulsalz, je nachdem Säure oder Quecksilber im Ueberschuß vorhanden; Salpetersäure löst es schon in verdünntem Zustande auf. Mit Chlor und Schwefel verbindet sich das Quecksilber direkt. Quecksilberdämpfe sowie alle im Magensaft löslichen [316] Salze sind äußerst giftig. In der Natur kommt es gediegen und in Erzen vor, von denen der Zinnober HgS das häufigste und wichtigste ist. Auch in einigen Fahlerzen ist Quecksilber enthalten. Spanien (Almaden, Mieres), Oesterreich (Idria), Italien (am Monte Amiate), Rußland, Algier, Kalifornien (New Almaden, Redington u.a.), Mexiko, Peru besitzen die ergiebigsten Quecksilbergruben. Für die Gewinnung des Quecksilbers kommt nur der Zinnober in Betracht, der entweder bei Luftzutritt erhitzt wird und dann Quecksilber und schweflige Säure HgS + 2O = Hg + SO2 liefert oder durch Erhitzen mit Eisen oder Kalk zerlegt wird, wobei als Nebenprodukte Schwefeleisen bezw. Schwefelcalcium und Calciumsulfat entliehen, HgS + Fe = Hg + FeS oder 4HgS + 4CaO = 4Hg + 3CaS + CaSO4. Die Gewinnung nach den letzten beiden Methoden kann nur in geschlossenen Gefäßen ausgeführt werden. Da sie nur für reichere Erze angängig ist, ferner größere Kosten für Brennmaterial erfordert und auch gesundheitsschädlicher als das Röstverfahren ist, so wird heute fast nur dieses angewendet. Das Rösten geschieht entweder in Schachtöfen mit unterbrochenem Betriebe oder in Schacht- und Flammöfen mit kontinuierlichem Betriebe. An die Oefen schließen sich die Kondensationsvorrichtungen zur Verdichtung der Quecksilberdämpfe; in ihnen setzt sich außer dem metallischen Quecksilber und den nebenbei entstehenden Verbindungen (Wasser, schweflige Säure und Schwefelsäure) noch die sogenannte Stupp (Quecksilberschwarz, Quecksilberruß) ab, die aus sein verteiltem Quecksilber (bis 50%), Quecksilberverbindungen, Ruß, Kohlenwasserstoffen, Flugstaub, Eisenverbindungen, Kalk u.s.w. besteht, und die man meistens unter Zusatz von Kalk und Holzasche auf Quecksilber verarbeitet. Die Kondensationsvorrichtungen stellt man aus den verschiedensten Materialien her. Kammern aus gebrannten Ziegeln haben den Fehler, daß die Poren der Ziegel sich mit Quecksilber beladen, das sich bis tief in den Boden, auf dem die Kammern stehen, hineinziehen kann; eiserne Kondensationsröhren werden durch das Schwefelsäure und schweflige Säure enthaltende saure Wasser zerfressen und bedürfen häufiger Erneuerung; man füttert sie wie die ebenfalls Verwendung findenden hölzernen Röhren mit Zement aus oder benutzt glasierte Steinzeugröhren und schaltet, da sie den schroffen Temperaturwechsel schlecht vertragen, zwischen ihnen und dem Ofen erst gußeiserne Röhren ein.
Die ältesten, teilweise noch in Almaden benutzten Aludelöfen besitzen einen einfachen zylindrischen Schacht, von dem aus die Dämpfe in die Aludelschnüre gehen, gebildet durch die ineinander gefleckten Aludeln, 0,5 m lange tönerne, birnförmige Gefäße. Zwölf solcher Stränge von je 44 Aludeln liegen nebeneinander in Rinnen auf zwei gegeneinander geneigten Flächen; die auf der absteigenden Fläche liegenden Aludeln besitzen eine ganz geringe Ausweitung am Hälse, aus der dem kondensierten Quecksilber der Austritt in die Rinne gestattet ist. Eine in der Mitte des Aludelplans, dort, wo die beiden geneigten Flächen zusammenstoßen, befindliche Querrinne führt das Quecksilber in Sammelgefäße. Hinter den Aludeln befindet sich noch ein großer Kondensationsraum, der mit einer Esse in Verbindung steht. Bei den jetzt nur wenig mehr in Gebrauch befindlichen Idrianer Leopoldi-Oefen (ebenfalls Schachtöfen mit unterbrochenem Betriebe) wurde die Verdichtung des Quecksilbers in einer Reihe von gemauerten Kammern bewirkt. Von den kontinuierlich betriebenen Oefen sind die Exeli-Oefen zur Vermeidung von Quecksilberverlust mit gußeisernen Platten gepanzert. Das ausgebrannte Erz fällt in Kühlkammern, in denen es die dort eintretende Verbrennungsluft vorwärmt. Die Quecksilberdämpfe werden in drei Reihen nebeneinander liegender, zickzackförmig gebogener gußeiserner Röhren kondensiert. Das verdichtete Quecksilber fließt durch an den unteren Bogen der Röhren befindliche offene Ansatzröhren ab, die in mit Wasser gefüllte Kästen tauchen. Andre in Idria benutzte Oefen sind die Langer-Oefen mit seitlicher Feuerung, während beim Novak-Rundofen das Erz schichtenweise mit Holzkohlen beschickt wird. Der Knox-Schachtofen hat als Kondensatoren 1618 rechteckige gußeiserne Karten mit geneigtem Boden; durch hölzerne Leitungen werden die Dämpfe weiter zu einem aus Holz gebauten Turm geführt, der mit von Wasser berieselten Steinen gefüllt ist und in dem sich alles Quecksilber absetzt. Während in diesen Schachtöfen nur grobzerkleinerte Erze verhüttet werden, wenn man nicht die pulverigen zu Erzziegeln formt, dienen die ebenfalls kontinuierlich betriebenen Livermoor- und Scott-Hüttner-Oefen auch zur Verarbeitung der pulverförmigen Erze. Der an der Flanke eines Hügels erbaute Livermoor-Ofen besteht aus einer Anzahl nebeneinander liegender, in einem Winkel von etwa 50° geneigter Kanäle aus feuerfesten Steinen, die auf der unteren Sohle mit zugeschärften Sperrsteinen versehen sind, um das rasche Abrutschen der Erze zu verhindern. Bei den Scott-Hüttner-Oefen passiert das Erz in zickzackförmigen Kanälen Schächte, die unten durch Schlitze, die durch verschiebbare Gußeisenplatten verschlossen sind, periodisch entladen werden. Ferner sind die Fortschaufelungsöfen zu nennen, die entweder Flammöfen sind oder Sohlenheizung besitzen oder auch mit Lufterhitzung arbeiten. Außer den angeführten Oefen sind heute auch noch andre veraltete in Gebrauch, es scheint aber, als ob die Schüttrostöfen, besonders die nach einem neueren System Cermak-Spirek [2], allmählich alle andern Oefen verdrängen werden, wenn nicht der neuerdings empfohlene Ofen von Dennis [3] eine Zukunft hat, bei dem Generatorgase innig mit dem Erz in Berührung kommen und weder Quecksilber als Stupp abgesetzt wird noch mit den Rauchgasen fortgehen soll. Nasse Verfahren haben sich bisher nicht bewährt, auch elektrolytische sind noch nicht von der Technik aufgenommen worden. Das gewonnene Quecksilber wird zur Entfernung mechanischer Verunreinigungen durch Leder- oder Leinwandbeutel gepreßt. Eine weitere Reinigung erfolgt entweder durch Destillation oder durch Behandlung mit verdünnter Salpetersäure und Wasser. Das Quecksilber kommt in guß- oder schmiedeeisernen Flaschen mit 3435 kg Inhalt in den Handel. Der Preis beträgt etwa 5 ℳ. für das Kilo, chemisch reines kostet gegen 7 ℳ. Jahresproduktion 1904 etwa 4000 t.
Literatur: [1] Dammer, Handbuch der ehem. Technologie, Stuttgart 1895, Bd. 2, S. 604; Muspratts Chemie, Braunschweig 1900, Bd. 7, S. 445. [2] Chemikerztg., Köthen 1906, S. 452. [3] Ebend. 1905, S. 1173, und Zeitschr. f. ehem. Apparatenkunde 1907, S. 263.
Rathgen.
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